Heiligenhaus. . Europäischer Gerichtshof kippt Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente. Die Apotheken sind jedoch schneller als der Onlinehandel
- Onlineapotheken können nach Urteil des EuGH nun Boni auf verschreibungspflichtige Medikamente geben
- Die Heiligenhauser Apotheker-Geschwister Rüngeler von der Löwen-Apotheke sehen dieses mit Schrecken
- Sie punkten jedoch mit dem Heimvorteil: Ihre Stammkundschaft wünscht vor allem Beratung vor Ort
Medikamente im Internet bestellen – bislang galten für solche Versandgeschäfte die selben Gesetze wie innerhalb Deutschlands. Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wurde die Preisbindung von verschreibungspflichtigen Medikamenten für ausländische Versandapotheken gekippt. Das Team der Löwen-Apotheke sieht das Solidarsystem in Gefahr.
Mit einem Lächeln reichen Dr. Peter Rüngeler und seine Schwester Astrid Rüngeler-Janski die Medikamente über die Theke. Viele der Käufer sind Stammkunden – sie suchen eine fachmännische Beratung, eine schnelle Versorgung und ein vertrauensvolles Umfeld, weiß Astrid Rüngeler-Janski: „All dies bekommen Sie nur in einer Apotheke vor Ort und nicht beim Onlinehandel aus dem Ausland.“
Für eine Bestellung zur Post
In Deutschland müssen Verbraucher nicht stundenlang Preise vergleichen. Egal welches verschreibungspflichtige Medikament sie brauchen, es kostet überall und zur jeder Zeit gleich viel. „Der Bundeswirtschaftsminister legt den Apotheken-Aufschlag auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes über Kosten und Erträge der deutschen Apotheken fest. Er soll den wirtschaftlichen Betrieb der Apotheke gewährleisten und darf damit auch nicht rabattiert werden“, erklärt Rüngeler. Momentan liegt der Fixbetrag bei 8,35 Euro plus drei Prozent des Einkaufspreises. Davon gewähren die Apotheken den gesetzlichen Krankenkassen einen Rabatt von 1,77 Euro.
Für den ausländischen Onlinehandel galten bislang die gleichen Gesetze. Nun können Versandapotheken ihren Kunden Boni auf die Zuzahlungen für verschreibungspflichtige Medikamente geben. Die Zuzahlung für ein Medikament beträgt zwischen fünf und maximal zehn Euro. Zu beachten sei jedoch, dass viele Medikamente zuzahlungsfrei seien. „Chroniker haben zudem oftmals eine Befreiung von Zuzahlungen. Letztes Jahr waren das rund sechs Millionen Menschen“, erklärt Rüngeler. „Der Nutzen dieser Boni ist begrenzt. Er bringt nur unser Solidarsystem ins Wanken“, fügt Astrid Rüngeler-Janski hinzu.
Besonders ärgert es die Apotheker, dass der EuGH über eine Gesetzgebung bestimmt, die eigentlich Ländersache sei. „Jetzt ist die Politik gefragt. Sie könnte den Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten verbieten“, fordert Rüngeler-Janski.
Die Geschwister sind vom heimischen Konzept überzeugt. „Die Versandapotheken haben längst nicht die Marktbedeutung, die sie gerne hätten.“ Heute werden noch vier Lieferungen in der Löwen-Apotheke erwartet. Innerhalb von maximal drei Stunden werden Medikamente geliefert, die nicht vorrätig sind. Bei einer Versandapotheke sei das nicht möglich. Denn auch dort muss das Originalrezept bei Bestellungen vorliegen, bevor das Medikament verschickt werden kann. Dieses muss per Post ins Ausland geschickt werden. „Der Onlinehandel ist in Wirklichkeit eigentlich ganz schön offline“, findet Dr. Peter Rüngeler.