Heiligenhaus. . Ruth Ortlinghaus führte eine Gruppe des Ludgerustreffs über den jüdischen Friedhof. Die Bestattungsrituale sind teils ganz anders als im Christentum.

59 Grabsteine stehen auf dem jüdischen Friedhof am Görscheider Weg. „Blumen oder anderen Grabschmuck wird man hier, genauso wie auf allen anderen jüdischen Friedhöfen, nicht finden“, erklärt Ruth Ortlinghaus den interessierten Heiligenhausern, die zur Führung gekommen sind. „Die Beerdigung ist bei den Juden ein spartanisches Fest, die Verstorbenen werden in schlichten Holzsärgen bestattet – früher auch oft noch am Todestag.“

Einzig Steine, die auf die Grabsteine gelegt werden und auch als Symbol des ewigen Lebens gelten, sind als sichtbares Zeichen dafür, „dass wir hier waren und der Toten gedacht haben“, möglich. Der Friedhof in der Nähe der Walkmühle ist ein ruhiger Ort, von einer Hecke gesäumt, mit hohen Bäumen, einer Bank und dem Gedenkstein, den der ehemalige Stadtdirektor Karl-Heinz Klein zum Gedenken an den Massenmord an Millionen Juden während des Zweiten Weltkriegs aufstellen ließ. „Alle Gräber weisen nach Osten“, erklärt Ortlinghaus, „in Richtung Jerusalem, weil von dort die Rückkehr des Messias erwartet wird.“

Friedhof gehört erst 1975 zu Heiligenhaus

Da der jüdische Friedhof erst seit 1975 zu Heiligenhaus gehört – vorher lag er auf Kettwiger Gebiet – ist hier auch nur ein einziges Heiligenhauser Ehepaar beerdigt: Die Eheleute Aron, die ein Klempnergeschäft in Heiligenhaus hatten und im November 1938, kurz nachdem in der Reichspogromnacht das Geschäft zerstört worden war, tot aus der Ruhr geborgen wurden.

Salomon Jacobs hingegen, Mitbegründer der Feuerwehr und 1935 gestorben, wurde in Velbert beerdigt. Der Grabstein der Arons ist vergleichsweise gut erhalten, den meisten anderen ist ihr Alter anzusehen: Die Steine stehen schief und haben Moos angesetzt, die Inschriften, teils hebräisch, sind oft schwierig zu entziffern. „Hier ist begraben“, so beginnt die Inschrift bei Erwachsenen, bei jungen Menschen hingegen mit „hier ist verborgen“. Zu finden sind außerdem Charaktereigenschaften des Verstorbenen.

Religiöse Heimat in Wuppertaler Synagoge

1881 fand die erste Beerdigung statt, 1945 wurden die letzten Juden auf diesem Friedhof zu Grabe getragen.

Seit Angang des 19. Jahrhunderts leben jüdische Mitbürger in Heiligenhaus, vor der Reichspogromnacht im November 1938 waren es 34. Die religiöse Heimat der heute in Heiligenhaus lebenden Juden ist die Synagoge in Wuppertal.

Und wo einmal ein Grab ist, da bleibt es auch – für alle Zeit, eine Neubelegung oder Vernichtung gibt es nicht. „Ein Friedhof durfte nie mitten in der Stadt sein, denn die Toten gelten als unrein“, zeigt Ruth Ortlinghaus auch die Bedeutung der abgeschiedenen Lage des Friedhofs auf, der in der jüdischen Kultur auch „Haus der Ewigkeit“ oder „Stätte der Gräber“ genannt wird.

Das Eingangstor ist immer verschlossen, so will es das Gesetz. „Sehr beeindruckend“ fand auch Ingrid Niering, Leiterin der Begegnungsstätte von St. Ludgerus, die Führung. „Wir sind hier im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe ,Interkulturelle Begegnungen’ und haben viele neue Eindrücke gewonnen und einiges gelernt.“ .