Heiligenhaus. . Blues Experience überzeugen beim Clubkonzert mit Spontanität und Freude am gemeinsamen spiel. Facettenreicher Blues von Clapton bis Hendrix.
„Wie wir hören, hören wir nichts“, stellt Joe Brozio fest als er die ersten Saiten seiner E-Gitarre anschlägt. Kein Wunder, dort wo eigentlich ein Kabel für Saft sorgen soll, herrscht gähnende Leere. Einmal eingestöpselt füllt allerdings satter Blues-Sound den Club. Joe Brozio ist kein Unbekannter in Heiligenhaus, doch seine Blues Experience ist ein relativ junges Projekt. Wenn die drei Musiker jedoch weiterhin so perfekt auf einer Wellenlänge schwimmen, wie sie es bei der intimen Session im Club getan haben, wird aus einer spontanen Idee eine Institution in der Bluesszene.
Wie ein langsamer Herzschlag wummert der Bass von Bob Willemstein durch die Lautsprecher. Dazu mischt sich die zaghaft gezupfte Gitarre von Joe Brozio. Wie in Zeitlupe lösen sich die Töne von den Saiten um sich dann bis in die letzte Ecke des Clubs auszubreiten. In den Tanzschulen hießen diese langsamen Klänge früher spitzbübisch „Klammer-Blues“. Sie füttern das Ohr mit wohligen Akzenten, kommen ohne viel Schnick-Schnack aus und erzählen dennoch ganze Leidensgeschichten. T-Bone Walkers „Stormy Monday“ lebt von jazzigen Gitarrensoli, die lange im Ohr nachhallen und immer mehr Spannung aufbauen, bis der Sturm schließlich aus den drei Musikern heraus bricht. Für Joe Brozios G-Saite ist das anscheinend ein bisschen zu viel Spannung. Mitten im Stück baumelt sie plötzlich lose in der Luft. „Keith Richards spielt auch immer nur mit fünf Saiten. Er hat sich die E-Saite einfach abmontiert. Fünf Finger fünf Saiten, so einfach“, scherzt Brozio anschließend und greift zur Fender Telecaster in Butterscotch Blonde, „mit der habe ich eine Affäre. Sie hat schon so viel mit mir erlebt.“
Purer Genuss für das Publikum
Die enge Beziehung zum Instrument und die Feinfühligkeit mit eben diesem zeichnet die ganze Band aus. Sie verstehen sich nur über Blicke, ein kurzes Nicken und das Gefühl für die gemeinsame Musik. „Wir lassen uns einfach treiben und werfen uns gegenseitig die Bälle zu. Damit bin ich aufgewachsen“, erklärt Brozio. Hochkonzentriert fühlt er jeden einzelnen Ton, entlockt der Fender mal ein lautes Kreischen, mal ein leises Schnurren und mal ein betörendes Vibrato.
Das spontane Repertoire der Musiker changiert in allen erdenklichen Farben des Blues. Bei „Riders on the Storm“ scheinen die bedrückenden Züge der Doors durch, während Claptons „Cocaine“ mit der selben Präzision und Brillanz überzeugt, die auch den Kultmusiker selbst auszeichnet. Doch die Musiker kitzeln auch die schrille, unbändige Seite des Blues heraus. „Crosstown Traffic“ hallt wie ein Paukenschlag durch den Club. Das Schöne an diesem Mix – er vertont genau das was Hendrix in seinen Lyriks besingt. „Wenn ihr nur einen kleinen Prozentsatz davon so genießt wie ich, dann bin ich glücklich“, so Joe Brozio mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen. Ein Blick in das Publikum verrät, dass es genau so ist. Purer Blues Genuss mit sympathischen Musikern im Club.