Heiligenhaus. . Kabarettist Jens Neutag präsentierte sein Programm „Deutschland-Syndrom“.das Publikum fand Gefallen an humorvollen, manchmal sarkastischen Szenen
„Ich mache heute Kabarett, Kleinkunst gleich vor Ort“, stellt sich Jens Neutag seinem Publikum im Club mit einem breiten Lachen vor. Vor vollen Sitzreihen steht der Kabarettist auf der kleinen Bühne und beginnt sein Programm des Abends. Zwei Mal fünfzig Minuten lang, das sei kein Zuckerschlecken, warnt er. Das Thema? Das Deutschland-Syndrom. Was genau das sei? Ja, das wisse er selbst nicht so genau, aber wir Deutschen leiden offensichtlich daran.
Die Symptome zählt er im Laufe des Abends auf. Helene Fischer, Angela Merkel, Integration, Hallenbäder: Neutag thematisiert querbeet fast alles. Und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Deftige und teilweise heftige Kritik am politischen System, aber auch an der Mentalität und dem Verhalten der Deutschen trägt er vor, stets mit ordentlich Humor und einer Prise Sarkasmus. Scheint zu wirken, die Leute liegen wortwörtlich vor Lachen unter den Stühlen, bricht unter einem Besucher doch glatt der Stuhl zusammen. Auch darauf geht der Kabarettist spontan ein, flechtet es in sein Programm ein. Auch seine Imitationen des rauchenden, hustenden Altkanzlers Helmut Schmidt, eines neureichen-„Management Trainers“ oder des gestressten Therapie-Patienten kommen gut an.
„Mir tut vor Lachen richtig der Bauch weh“, klagt Besucherin Christine Neue mit einem breiten Grinsen. Auch ihr Mann scheint sich gut zu amüsieren, verschluckt sich fast an seinem Getränk. Die Frage nach dem Unterschied zwischen Ministerwahl und Lottoziehung habe ihm besonders gut gefallen. Der Unterschied? Beim Lotto seien, laut Neutag, wenigstens sechs Richtige dabei.
Doch die Witze des Kabarett-Künstlers beziehen sich nicht nur auf den weltweiten Wandel und die großen Veränderungen in Deutschland, auch ortsnahe Dinge wie der Velberter Willy-Brandt-Platz werden auf’s Korn genommen. Nichts und niemand ist am Mittwochabend sicher vor Neutag, besonders der deutsche Durchschnittsbürger muss einiges einstecken. „Ich finde es gut, dass er bestimmte Themen nicht umschifft, sondern sich traut, auch Kontroverses zu thematisieren“, meint Peet Orlowski, der mit einigen Kollegen gekommen war, um ein wenig zu lachen und einen netten Abend zu verbringen. Und nebenbei noch ein wenig zum Nachdenken angeregt zu werden. „Talent hat der auf jeden Fall, allein schon wie viele verschiedene Stimmen und Akzente er nachmachen kann, echt unterhaltsam“, lacht Orlowski. Und erntet dafür zustimmendes Nicken, Neutag biete erfrischende Unterhaltung auf hohem Niveau.