Heiligenhaus. . Gerade Eltern aus den höheren Einkommensstufen müssen tiefer in die Tasche greifen. Finanzierung der Kita-Betreuung belastet die Stadt erheblich.
Maria-Isabel Samos Ortega hatte in den vergangenen Tagen viel zu tun. Die Vorsitzende des Elternrats der Kita „Steppkeshaus“ koordiniert den stadtweiten Protest einiger Eltern gegen die zum 1. Januar 2016 neu geregelten und geänderten Elternbeträge. „Es wurden zwei neue Einkommensstufen eingeführt. Die Eltern, die jetzt in diese Stufen fallen, müssen zum Teil erheblich mehr Geld für die Kinderbetreuung zahlen und ärgern sich sehr darüber“, so Samos Ortega. Und weiter: „Sie als Besserverdienende wollen sich keinesfalls vor ihrer sozialen Verantwortung drücken und auch gerne mehr bezahlen – aber nicht, wie in einigen Fällen jetzt nötig, bis zu 75 Prozent mehr als bisher.“
„Familienfeindlich“ findet Silke Dietrich, Mutter von zwei Kindern, diese Politik. „Frauen haben es ohnehin schon schwer, den Spagat zwischen Beruf und Familie zu schaffen. Jetzt werden sie noch mit den erhöhten Gebühren dafür bestraft, dass sie versuchen, alles unter einen Hut zu kriegen.
Verärgerung bei den Eltern
Einige müssen jetzt gut überlegen, ob sich eine Berufstätigkeit überhaupt weiter lohnt.“ Auch die Eltern mit einem vergleichsweise hohen Einkommen hätten ihre Verpflichtungen – „und 200 Euro mehr oder weniger im Monat machen da auch eine Menge aus“, sagt Maria-Isabel Samos Ortega.
Angesichts der für viele gestiegenen Gebühren (in einigen der unteren Einkommensstufen ergeben sich auch geringe Reduzierungen) überlegten einige Eltern gar, ihre Kinder in den Nachbarstädten anzumelden. „Man kann doch nicht junge Familien in die Neubaugebiete locken und dann die Gebühren so drastisch erhöhen“, sind sich Dietrich und Samos Ortega einig.
Stadt: Änderungen sind angemessen
„Den Ärger der Eltern kann ich verstehen“, sagt Thomas Langmesser, Fachbereichsleiter Jugend, „in einigen Einkommensstufen muss ja auch wirklich einiges mehr gezahlt werden.“ Aber: Er halte diese Änderungen nicht für sozial unverträglich. Kein einziger Cent aus den Mehreinnahmen – deren genaue Höhe die Stadt noch gar nicht kennt – werde außerdem für etwas anderes verwendet als für die Kindertagesbetreuung, deren Finanzierung für die Stadt eine erhebliche Belastung darstelle.
Die Neuregelung der Beiträge kam zustande, weil nach einer im Jahr 2014 durchgeführten Prüfung durch das Gemeindeprüfungsamt der Stadt Heiligenhaus empfohlen wurde, die Erträge aus den Elternbeiträgen zu erhöhen. Dies soll den Fehlbetrag bei der Kindertagespflege senken.
Keine Gebühren in Monheim
Da Heiligenhaus eine Gemeinde mit Haushaltssicherungskonzept ist, müsse die Stadt alle Möglichkeiten zur Reduzierung von Ausgaben und Steigerung der Einnahmen umzusetzen, erklärt Thomas Langmesser.
Neun Stufen
Neu eingeführt wurden die Stufen 8 (bis 110 000 Euro) und 9 (über 110 000 Euro). So zahlt eine Familie in Stufe 9 für ein Kind unter drei Jahren fortan 496 Euro für einen 35-Stunden-Platz statt wie bisher 283 Euro (Stufe 7). Bei einem entsprechenden Platz für ein Kind Ü3 erhöht sich der Beitrag von 216 auf 374 Euro.
Bei einem Einkommen bis 74 000 Euro jährlich wird ein 35-Stunden-Platz (U3) um 71 Euro teurer. Manche Beiträge sinken auch – im Höchstfall um 15 Euro monatlich.
Einige der betroffenen Eltern haben sich entschlossen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Rechtsanwalt Christoph Pipping wird die Verhältnismäßigkeit der Gebührenänderungen im Hinblick auf die Satzung prüfen. Von seinem Ergebnis hängt die weitere Vorgehensweise ab. Sollte die Prüfung Aussicht auf Erfolg ergeben, müssen die Eltern entscheiden, ob sie klagen möchten. „Und zwar jeder für sich“, erklärt Samos Ortega, „wenn eine Klage bei einem Elternpaar erfolgreich ist, gilt dieser Erfolg auch nur für dieses Paar.“
Ein Blick über die Stadtgrenze zeigt: Am günstigsten untergebracht ist ein Kind in Monheim. Dort zahlt niemand Gebühren. In Ratingen wird zwischen Ratinger und gemeindefremden Kindern unterschieden. Geht man von ersteren aus und vergleicht die neuen Beiträge der Einkommensstufe 6 (Jahreseinkommen bis 75 000 Euro) mit dem Ratinger Pendant, sind Kinder unter drei Jahren in Ratingen teurer untergebracht, Kinder über drei hingegen in Heiligenhaus.
Allerdings endet in Ratingen die Staffelung bei einem Jahreseinkommen von über 75 000 Euro. In Velbert wird nicht unterschieden, wie alt ein Kind ist: Eltern mit Kindern unter drei kommen hier günstiger davon, im Ü3-Bereich ergeben sich keine Differenzen. Auch hier zahlen aber alle Eltern ab einem Jahreseinkommen von über 80 000 Euro die gleichen Beiträge.