Heiligenhaus. . An der Realschule werden rund 20 Zuwandererkinder gemeinsam unterrichtet. Sie lernen mit großem Erfolg Deutsch, Naturwissenschaften und Englisch.

Etwas schüchtern stellt sich Ginka vor die Klasse. Dann aber fängt das bulgarische Mädchen selbstsicher an, von sich zu erzählen. Auf Deutsch. „Mein Name ist Ginka. Ich bin zwölf Jahre alt. Meine Lieblingsfarbe ist rot, mein Traumberuf ist Designerin“, berichtet sie flüssig. Ihre Klassenkameraden nicken anerkennend. Die Kinder der Seiteneinsteigerklasse wissen, wie schwierig es ist, sich in der neuen Sprache zu verständigen.

Seit Beginn des Schuljahres werden an der Realschule rund 20 Zuwandererkinder, beispielsweise aus Serbien, Bulgarien oder Spanien, gemeinsam unterrichtet – mit teils vollkommen unterschiedlichen Voraussetzungen. Sie lernen vor allem Deutsch, aber auch Englisch und Naturwissenschaften.

Die Klasse musste angesichts steigender Zuwandererzahlen schnell realisiert werden. „Vor den Sommerferien wurden wir informiert, dass wir eine solche Klasse einrichten sollen“, erinnert sich Schulleiterin Sonia Cohen. Die Organisation habe wunderbar geklappt. Ein Raum sei in den Ferien schnell gefunden worden – ebenso wie die passende Lehrkraft.

Einige Kinder schon in Regelklassen

Der 28-jährige Raj Kesavan meldete sich auf eine Facebook-Annonce der Schule. An drei Tagen in der Woche unterrichtet er die Seiteneinsteigerklasse in der Funktion eines Sozialarbeiters. Ausgebildeter Lehrer ist er nicht. Kesavan studiert Vertriebsingenieurwesen und wollte sich eigentlich nur etwas dazu verdienen. Nun überlegt er, Soziale Arbeit zu studieren. „Der Unterricht mit den Kids macht mir großen Spaß. Es ist toll, ihre Lernfortschritte zu sehen.“

Und die sind beträchtlich. Bereits sieben Kinder wurden nach wenigen Wochen stundenweise in den Regelunterricht integriert. Einige haben schon Zweien in Klausuren geschrieben, berichtet Sonia Cohen. Das sei dem Eifer der Schüler ebenso wie dem Engagement der Lehrkräfte zu verdanken. Neben Kesavan unterrichten zwei Lehrer von der Gesamtschule und vom Gymnasium die Zuwanderer.

Der 28-jährige Sozialarbeiter ist den Schülern aber besonders verbunden und sehr beliebt. Er wirkt zuweilen wie ein Kumpel und Lehrer zugleich. „Läuft bei dir“, sagt Kesavan zum zwölfjährigen Galip, als dieser eine Matheaufgabe an der Tafel löst. 824 mal 4 = 3296. Die Zahl sagt Galip, der aus Serbien nach Deutschland gekommen ist, anschließend noch korrekt auf.

Einzige Klasse für Seiteneinsteiger in Heiligenhaus

Die Seiteneinsteigerklasse an der Städtischen Realschule ist derzeit die einzige ihrer Art in Heiligenhaus, berichtet Renate Dubbert, Fachbereichsleiterin Bildung und Sport bei der Stadt.

Grundschüler würden in der Regel in normalen Klassen aufgenommen und bei Bedarf auch in kleinen Lerngruppen unterrichtet.

Akuter Bedarf zur Schaffung weiterer Seiteneinsteigerklassen herrsche derzeit nicht, sagt Renate Dubbert. „Zuwandererkinder in der Landesunterkunft an der International School sind nicht in Heiligenhaus schulpflichtig.“ Durch die Landesunterkunft würden der Stadt zudem weniger Flüchtlinge zur städtischen Unterbringung zugewiesen – diese Kinder wären hier schulpflichtig.

Kesavan weiß diese Leistung zu schätzen. Mit elf Jahren kam er aus Indien nach Deutschland, musste selbst die fremde Sprache und Kultur kennenlernen. „Vor 17 Jahren stand ich an der gleichen Stelle wie die Kinder heute“, sagt er.

Deshalb engagiert er sich mit der gesamten Schule und weiteren Unterstützern – zum Beispiel Schüler anderer Schulen, Diakonie, marokkanische Moschee, Jugendamt – auch nach dem Unterricht für die Seiteneinsteiger. In einer Whats-App-Gruppe organisieren mehr als 75 Helfer für die Kinder beispielsweise Einzelnachhilfe in Deutsch. Auch spontane Umzüge von Familien oder die Beschaffung eines PCs wurden schon ermöglicht. „Die Kinder brauchen eine Komplettbetreuung“, sind sich Cohen und Kesavan einig. An der Realschule stellen Schüler und Lehrer das seit Wochen gemeinsam sicher.