Heiligenhaus. . Der Herberger Hof macht seinem Namen alle Ehre. Nachdem das letzte Milchvieh den Hof verließ, bauten die Eigentümer den Stall zu einem Hofcafé um.

Der Herberger Hof macht seinem Namen alle Ehre. Denn seit in den Ställen nicht mehr das Milchvieh wiederkäut, beherbergen sie hungrige Spaziergänger und Kuchenfreunde. Ganz urig sitzen die Gäste in der ehemaligen Stallung auf Holzbänken über dem Futtertrog, wenn sie bei Stephanie Wüster Kaffee und Kirschstreusel bestellen. „Hier war mal die Pipi-Rinne“, sagt ihr Schwiegervater Walter Wüster, lacht und zeigt auf einen breiten Holzdielen-Streifen im Fußboden.

Sonst erinnert in dem hübsch hergerichteten Raum aber nichts mehr an die miefigen Ausscheidungen der Tiere. Wer sich jedoch genau im Hofcafé der ehemaligen Landwirte umsieht, entdeckt jede Menge optische Überbleibsel vergangener Zeit. Eine Zeit, in der es in dem großen Karree noch nach Kuh und Stroh roch. Heute zieht der Duft von frisch gemahlenen Kaffeebohnen und hausgemachtem Blechkuchen durch den weiß gekälkten Gastraum.

Seit 1938 sind Gebäude und Ländereien mitten im Paradies im Familienbesitz. Walter Wüsters Großmutter und sein Vater bewirtschafteten davor einen Hof in Wuppertal-Ronsdorf. Als die Wehrmacht dort einen Truppenübungsplatz errichtete, verkauften sie ihr Land. Zur gleichen Zeit versuchte der Landwirt Karl Ten Eicken den Herberger Hof zu veräußern – denn keine seiner drei Töchter bot sich als Nachfolgerin an.

Ganz ohne Tiere geht es nicht

Die Wüsters steckten das Geld aus dem Verkauf ihres Wuppertaler Besitzes in den Erwerb des Ten Eckschen Guts. Für die Landwirte war es der Start in ein neues Leben fern des Wuppertaler Stadtgebietes. Walter Wüster übernahm 1948 den Hofanteil seiner Großmutter, 30 Jahre später auch den seines Vaters. 2007 übergab Wüster den Hof dann selbst an seine drei Kinder – doch auch unter ihnen fand sich keiner, der eine landwirtschaftliche Ausbildung machen wollte. Den Löwenanteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche hatte er also schon seit Jahren verpachtet. 35 Hektar an Feldern, Wiesen und Wäldern umfassen die Ländereien der Wüsters. Nur der große Gemüsegarten und Weiden am Haus für die Hofschafe, -ziegen und -ponys bewirtschaften die Wüsters noch selbst. Denn so ganz ohne Tiere geht es auf dem Herberger Hof eben doch nicht. Schließlich drehte sich Wüsters gesamtes Berufsleben um das liebe Vieh.

Salat und Stachelbeeren

Erst auf dem eigenen Hof, später bei der Landwirtschaftlichen Genossenschaft. Dort arbeitete der gelernte Landwirt nach Jahrzehnten der Hofarbeit noch bis zu seinem Ruhestand.

Die Rostgänse sitzen schnatternd auf dem Dachfirst als Walter Wüster und Schwiegertochter Stephanie durch den großen Garten hinter dem Haus gehen. Hier wachsen neben den Stachelbeersträuchern, Kohlköpfe, Salat und Kartoffeln. Hof und Tiere sind für Walter Wüster noch als Hobby geblieben. Ein Hobby, das viel Zeit kostet. Schließlich müssen die Schafe immer noch geschoren, die Ställe gemistet und Tiere mit Futter versorgt werden. Und zwischendurch benötigt Stephanie Wüster seine Hilfe im Café.

Auf die Idee, Teile des denkmalgeschützten Gebäudes zu einem Café umzufunktionieren, kamen die Wüsters durch eine Wanderung des Geschichtsvereins. Die Wanderer legten einen Halt an dem schönen Gutshof ein und ließen sich dort von den Wüsters bewirten. Warum daraus nicht ein Geschäft machen? Platz, idyllische Lage, Fachwissen und Tatkraft waren da. Schließlich ist Stephanie Wüster gelernte Hotelfachfrau. Aus der Idee machten die Landwirte mit viel Liebe zum Detail einen Platz zum Pausemachen – Erinnerungen an die gute alte Zeit gibt es gratis dazu.

„Viele Gäste sagen, das ist wie Urlaub hier“, sagt Stephanie Wüster. Recht hat sie. Für den Gast scheinen sich auf dem Hof die Uhren noch etwas langsamer zu drehen. Für die Café-Betreiber allerdings könnte der Tag manchmal ein paar Stunden mehr haben. Denn die Idee mit Kaffee und Kuchen im Bauernhof-Ambiente kommt an und bringt auch jede Menge Arbeit mit sich.

Während Walter Wüster an einem der Holztische im alten Stall sitzt und an einer Tasse Kaffee nippt, erinnert er sich an seine Anfänge als Landwirt. Und warum er sich damals eigentlich für die Landwirtschaft entschied. „Das war einfach so. Ich war der einzige Sohn, also musste ich Landwirt werden.“ Wüster fügte sich in sein Schicksal. Trotzdem leuchten seine Augen noch heute, wenn er von seinem heimlichen Berufswunsch erzählt. Hätte man ihn gelassen, dann wäre er wohl Tierarzt geworden.