. Das schwarze Gebräu darf ruhig was Frisches haben, nicht nur Röstaromen. Filterkaffee-Tester der Deutschen Röstergilde trafen sich in Heiligenhaus.

Knapp 80 Kaffeesorten an einem Tag durchzuprobieren – das klingt erst mal hart. Für die Kaffee-Manufakturen, die sich in der Deutschen Röstergilde zusammengeschlossen haben, ist das ein jährliches Ritual. Ein Branchentreffen, an dessen Ende für jeden der aus den Mitglieds-Betrieben eingesandten Kaffees ein Siegel in Gold, Silber oder Bronze steht, eine Urkunde für die Bürowand und Verpackungsaufkleber, mit denen der Betrieb auf seinem Produkt werben kann.

Zwei Wettbewerbe gibt es: den Espresso- und den Filterkaffee-Wettbewerb. Der Filterkaffee-Wettbewerb wurde am Wochenende in Heiligenhaus ausgetragen, in der Kult-Kaffee Rösterei der Liebergalls. Das kam ohne eigenes Zutun, sagt Uwe Liebergall, „weil wir gefragt wurden und weil wir hier genug Platz und entsprechende Räumlichkeiten haben“.

Bewertet wird unter genauestens kontrollierten Bedingungen. Sechs Juroren testen anonymisierte Kaffee-Muster, maximal zehn am Stück, von jedem nur einen Löffel, auch der ist standardisiert. Anschließend wird für jeden Kaffee ein umfangreicher Bewertungsbogen ausgefüllt. Während der ganzen Prozedur sind die Entscheider übers Hopp oder Top eines Kaffee-Produkts durch eine Glasscheibe von den Gästen getrennt. Denn jegliche Ablenkungen, vor allem durch starke Geruchs- oder Geschmacksreize, sollen strikt vermieden werden.

Sorten-Charakter nicht verstecken

Die Gastgeber-Bohne blieb außer Konkurrenz

Die deutsche Röstergilde ist ein Zusammenschluss aus über hundert Kaffee-Manufakturen in Deutschland, die sich zu gemeinsamen Standards bekennen und allesamt auf die händische und schonende Langzeitröstung setzen. Der Verband existiert seit 2006. Online informiert die Seite www.deutsche-roestergilde.de.

Die aromatischen Argumente überzeugen vielleicht manche Kaffeegegner, der handgerösteten Variante eine Chance zu geben. Die gibt in Ratingen, Kettwig oder eben bei den Liebergalls. Im Wettbewerb war deren Bohne aber nicht, denn das Paar konzentrierte sich ganz auf die Organisation des Wettbewerbs.

Dem interessierten Laien ein geschmackliches Fazit der Verkostung in Worten zu vermitteln, ist schwierig, findet Kaffeeröster Markus Engel aus Neuwied. Doch man könne feststellen, dass gemäß dem Trend auf dem Kaffeespezialitäten-Markt auch die Gilde-Kaffees geschmacklich in Bewegung sind.

Mehr Mut zur Säure, heißt ein Trend: „Vor drei Jahren hätte man beim einen oder anderen der heutigen Kaffees gesagt: Um Gottes Willen!“ Jedoch handle man inzwischen mehr nach der Erkenntnis, dass nicht jede Säure automatisch schlechtere Bekömmlichkeit bedeute: „Es gibt auch Säuren, die müssen drin sein, sonst ist der Kaffee tot. Er darf ruhig was Frisches haben, nicht nur dunkle Röstaromen.“ In den Säuren stecke auch der Charakter der einzelnen Kaffees. Da gebe es inzwischen mehr Mut, „die Herkunft nicht zu verstecken“. Die Unbekömmlichkeit, das ist Markus Engel wichtig festzuhalten, komme nicht durch die Säuren zustande, sondern durch industrielle Schnellröstverfahren.

Der Weg zur Bekömmlichkeit

Bei der Gegenbewegung „traditionelles Langzeit-Röstverfahren“, die sich wiederum seine Gilde auf die Fahnen geschrieben hat, gerät Röster Engel dann in den Werbe-Modus: „Traditionell geröstete Kaffees sind nicht so unbekömmlich. Wir erleben es öfter, dass Kunden zu uns kommen und sagen: Ich vertrage keinen Kaffee. Und dann mit der Erkenntnis gehen: Ich vertrage Kaffee wohl doch.“