Heiligenhaus. . Wenn Betriebe keine Schwerbehinderte beschäftigen, müssen sie eine Ausgleichsabgabe zahlen. Das ist beim Traditionsbetrieb Fuhr nicht nötig, hier arbeiten 18 Menschen mit Behinderungen.

„Die Leistung des Unternehmens muss immer stimmen – aber wir haben eine ebenso große soziale Verpflichtung unseren Mitarbeitern gegenüber.“ Britta Neumann ist Leiterin des Personalwesens der Heiligenhauser Traditionsfirma Fuhr. 220 Angestellte hat das Unternehmen, 18 davon sind schwerbehindert. Damit liegt Fuhr über den gesetzlich erforderlichen fünf Prozent angestellter Schwerbehinderter, die ab 20 Mitarbeitern eingestellt werden müssen. Bis Ende März müssen alle Firmen ihre Angaben der Bundesagentur für Arbeit liefern. Liegt die Beschäftigung unter fünf Prozent, sind nämlich Ausgleichsabgaben fällig.

Ausgleichsabgaben musste die Firma Fuhr aber schon länger nicht mehr zahlen. „Wir sind ein Traditionsunternehmen, unsere Mitarbeiter gehören dem Betrieb lange an, es gibt kaum Fluktuation, wir haben viele Jubilare“. erklärt Britta Neumann. „Und im Laufe der Zeit erkrankt der eine oder andere Mitarbeiter dann schon einmal. Da ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, diesen Kollegen im Rahmen seiner Möglichkeit weiterhin zu integrieren, denn er verfügt ja über eine Menge Wissen mit den Jahren.“

Aber auch Neueinstellungen werden vorgenommen. Paul Schmidt, Kis-Student des Campus Velbert/Heiligenhaus der FH Bochum, steht an der Fräsmaschine. Seit Oktober ist er dualer Student der Mechatronik und Informationstechnik. Die Maschine bedient er schon erfahren, hält Rücksprache mit einem Kollegen. Er gehört zu den 15 Schwerbehinderten des Betriebs. „Ich hatte nie wirklich Bedenken, wegen meiner Behinderung Nachteile zu haben“, berichtet der Student.

Überzeugt hat er die Firma Fuhr beim Tag der offenen Tür der FH, nach einem anschließenden Praktikum stand fest: Er wird eingestellt. „Man hat mich von Anfang an akzeptiert. Wenn ich mal etwas nicht tragen kann, dann habe ich keine Scheu, einen Kollegen zu fragen oder sich ein Hilfsmittel zu besorgen. Es ist hier sehr kollegial, ich fühle mich hier sehr wohl“, berichtet Schmidt mit einem breiten freundlichen Lächeln.

Dass sich Kollegen mit Schwerbehinderung wohl fühlen im Unternehmen Fuhr, daran liegt der Unternehmensführung, Personalchefin Britta Neumann und dem Schwerbehindertenbeauftragten Frank Stockhoff viel. Stockhoff ist seit 15 Jahren im Unternehmen und sowohl Ansprechpartner für die Belange und Probleme schwerbehinderten Kollegen, als auch für die Firma, wenn es um Neueinstellungen von Menschen mit Behinderungen geht: „Dann setzen wir uns zusammen und besprechen, ob und wie es funktionieren wird.“

Eine Herausforderung

„Die Integration ist auch eine Herausforderung. Man darf nicht vergessen: Wir sind ein Produktionsbetrieb, in dem körperlich gearbeitet wird“, ergänzt Britta Neumann, „aber wir versuchen, jeden wieder einzugliedern.“ Azize Sarigül ist nach einer schweren OP wieder im Betrieb, „ich bin froh, wieder was machen zu können.“ Mit Frank Stockhoff wird dann geprüft, ob Arbeitshilfen nötig sind. Einen behindertengerechten Arbeitsplatz hat auch Hans Schykowski, der vor 20 Jahren nach einem schweren Unfall durch eine Eingliederungsmaßnahme zu Fuhr kam. „Mit der Zeit lernt man, so zu arbeiten, dass man keine Probleme hat. Man muss mal sitzen, mal stehen, aber abends muss ich mich zum Ausgleich viel bewegen.“