Der Essener Unternehmer Karl Goldschmidt ließ das Haus im Schulenbergwald für seine Arbeiter bauen.

An der Schwelle zum 20. Jahrhundert ist die soziale Not groß. Arbeit ist zwar reichlich vorhanden, doch die Bedingungen sind mies. Niedrige Löhne und schlechte Lebensbedingungen sind weit verbreitet. Die wenigen Urlaubstage, die die Menschen bekommen, haben mit Erholung nichts zu tun. Dem Essener Unternehmer Karl Goldschmidt sind diese Zustände ein Dorn im Auge. Aus seiner Privatschatulle lässt er deshalb für seine Arbeiter ein Erholungsheim errichten – das Haus Bredenscheid im Schulenbergwald.

70 000 Mark ließ sich Chemiefabrikant Goldschmidt das zum Sommer 1908 fertig gestellte Haus kosten. Als Architekt engagierte er den Düsseldorfer Architekten Lyonel Wehner. Die ersten Gäste, die im Mai 1909 kamen, zahlten zwischen einer und 1,75 Goldmark. „Die Übernachtungspreise wurden nach Einkommen gestaffelt”, erklärt Ralf Peters, Archivar der Firma Evonik, zu der die Firma Goldschmidt heute gehört.

Doch das ist noch nicht alles: Weil sich viele selbst diesen aus heutiger Sicht spottbilligen Urlaub nicht leisten konnten, gründete Karl Goldschmidts Bruder Hans eine Stiftung, die den Urlaub bezuschusste. Schnell machte sich Haus Bredenscheid einen Namen. „So schaute im Jahr 1913 der Oberpräsident der preußischen Rheinprovinz, Freiherr Rheinhaben, vorbei”, berichtet Ralf Peters aus seinen Archiv-Unterlagen. Es blieb nicht der einzige prominente Gast. Auch der ehemalige Bundeswirtschaftsminister (1998 bis 2002) und spätere Evonik-Vorstandsvorsitzende Werner Müller war da.

Zurück zu den Anfängen: Noch Jahre nach der Eröffnung gab es im Haus lediglich einen großen Gemeinschafts-Waschraum. Von der ursprünglichen wertvollen Einrichtung ist heute allerdings nichts mehr übrig geblieben. „Sie wurde bei späteren Renovierungen nach und nach weggeschmissen", fügt Peters hinzu.

Als Essen im April 1943 von einem schweren Bombenangriff heimgesucht wurde, erwarb die Stadt Haus Bredenscheid um dort kriegsgeschädigte Frauen und Kinder unter zu bringen. U.a. soll auch „Mutter Beimer” Marie-Luise Marjan hier groß geworden sein. Erst 1952 ging das Haus wieder in Firmenbesitz über.

Heute dient Haus Bredenscheid hauptsächlich als Tagungsort, kommen kann jeder. Aber auch für erholungsbedürftige Evonik-Mitarbeiter öffnet es weiterhin seine Türen. Noch immer wird der Urlaub subventioniert. Jedoch kommen die Schlafzimmer inzwischen mit einem eigenen Bad daher.