Amateurfunker nehmen aus dem Zeltlager an der Ruhr Kontakt mit Estland, Argentinien und dem Westerwald auf.
Von außen erscheinen die Zelte wie ein Lager der Pfadfinder. Nur die vielen Antennen passen nicht dazu. Dünn und lang ragen sie in den Himmel. Kabel führen zum Boden. „Die meisten haben wir selbst gebaut”, sagt Michael Karsten (44) als er zu Begrüßung aus dem Zelt tritt. Das entpuppt sich als Lager des Deutschen Amateur-Radio-Clubs Hattingen (DARC). Der hat vier Tage lang seinen Field Day (Feldtag) ausgerichtet.
Auf dem Gelände der DLRG Süd hat sich der DARC an der Isenbergstraße eingerichtet. Blaue T-Shirts mit Namen und Kennung identifizieren die Funker. Auf Tischen liegen Sprechgeräte, Empfänger und Computer. Links rauscht und fiept es – an am Kurzwellen-Sprechfunk empfängt Karsten gerade einen Kollegen aus dem Westerwald. Er greift sich das Sprechgerät und dreht am Empfänger. Durch starkes Rauschen dringt eine Stimme. Schnell tauschen sie Codes aus: Delta, Lima, Fox – mittels der Buchstaben identifizieren sie Sprecher, Lage und Technik. „Funker sprechen über das Wetter, die Qualität der Verbindung oder über die Antenne. Gute Freunde natürlich auch über andere Themen”, sagt der Vorsitzende des Ortsvereins.
Alfred Uhlig ist mit 81 Jahren der älteste Funker im Verein. Und ein Bastler: „Das ist mein Steckenpferd”. Momentan arbeite er mit dem Enkel an einem Radio. Vom Vater, der im Ersten Weltkrieg auf der See gedient hat, habe er morsen gelernt. Der Langenberger Sender habe ihn interessiert. So kam er zum Funken. Löten, basteln, experimentieren gehört für Uhlig zum Funken dazu. Einen Empfänger aus einer Spule und einem Kristall aus Silizium hat er gebaut. Aber nichts gehe über eine gute Antenne, sagt der gelernte Industriekaufmann. Selbst gebaut, passe die Antenne am bestem auf eigene Bedürfnisse. Wie beim Maßanzug, meint der Rentner lachend.
Seit 60 Jahren funkt er sich durch die Welt. Es sei eine Leidenschaft. Er zeigt auf sein Wohnmobil auf dem Parkplatz. Ein weiteres Hobby. Bald fährt er für vier Wochen nach Venedig.
Im Gegensatz dazu beschäftigt sich Michael Karsten gern mit den Antennen und der digitalen Übermittlung. Nichts knackt und knistert. Nur die Tastatur klappert beim Tippen. „Ich könnte auch sprechen, meist schreibe ich aber”, sagt Karsten und zeigt auf das Mikrofon neben dem Laptop. Der digitaler Betrieb spreche stärker junge Menschen an, die mit dem Internet aufwachsen. Auf dem Bildschirm erscheinen Codes. Karsten übersetzt für den Laien: „Es ist Funker aus Estland mit Namen Nick.” Der ist 60 Jahre alt und sitzt in der 1471 Kilometer entfernten Stadt Loksa. Wie unterhält er sich nun? Mit vorgefertigten Befehlen – kurz Makros genannt – tauschen sie Daten aus. Nach kurzem Kontakt, ziehen sie sich zurück. Schnell besetzt Niklas (11) den Platz. Tauscht die Antenne aus und funkt in die Welt hinaus.
Was den Amateurfunk ausmache? „Weltweite Kontakte, besonders in politisch unruhige Länder”, sagt Karsten. Höhepunkt beim Feldtag: der Kontakt nach Argentinien