Hattingen. Dirk Sondermann hat für die WAZ-Leser zu Halloween eine gruselige Geschichte herausgesucht. „Die Mühlenhexe“ wurde auf dem Richtplatze der Stadt den Flammen überliefert.

Dirk Sondermann und Halloween; der Sagenpapst des Ruhrgebiets aus Winz-Baak und das amerikanische Grusel-Brauchtum, das seinen Ursprung bei den irischen Kelten hat – das hat auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun. Moment! Denn es gibt auch gruselige Sagen, sogar Hattinger. Etwa die der Mühlenhexe, die im Rauendahl spielt. Aber lesen Sie selbst (mit Anmerkungen am Ende, wo sich die Geschichte zugetragen haben soll)!

Die Mühlenhexe

In der Rauendahler Mühle lag Korn über Korn, doch keiner wollte es mahlen, da grausiger Spuk daselbst sein Wesen trieb.

Eines Tages aber kam ein junger kräftiger Müllergeselle und trat den Dienst an, obgleich der ehrliche Müller ihm die Ursache der unfreiwilligen Ruhe nicht vorenthielt. Furchtlos setzte der Fremde Mahlwerk in Gang und blieb die ganze Nacht hindurch an der Arbeit, sich verlassend auf sein großes, haarscharf geschliffenes Messer, das neben ihm lag.

Stunden waren schon ver­strichen, da öffnete sich plötzlich die Türe und herein schleicht eine fast men­schengroße Katze, die fauchend die Pfoten zum Schlage hebt. Ein Hieb mit dem Messer – und eine der Pfoten fällt auf den Boden, das Untier selbst ist ver­schwunden. Mit Grauen erkennt der Bursch in dem zurückgeblieben Gliede eine Menschenhand und ist froh, als der Morgen graut und der Müller sich einstellt.

Gespannt erkundigt sich dieser, ob denn kein Gespenst gekommen, worauf ihm der Knappe erzählt, was sich ereignet und hinweist auf die mit silbernem Ring ge­schmückte Hand. Kaum ihrer ansichtig ­geworden, sinkt der Müller – seiner Gattin Trauring erkennend – wie vom Blitze getroffen, zur Erde, und statt der zur Hilfeleistung ­herbeirufenden Müllerin erscheint die Magd, weil jene krank im Bette läge.

Dem Müller ist nicht mehr zu helfen; die rothaarige stattliche Frau aber, die den Verlust ihrer rechten Hand nicht dauernd verbergen kann, wird als Hexe in Hattingen gefangen gesetzt und auf dem Richtplatze der Stadt, im sogenannten „Hagenbucke“, den Flammen überliefert.

Anmerkungen

Der alte Richtplatz, wo man die Hexe verbrannt hat, der „Hagen­buck“, befand sich nahe dem heutigen Schulgebäude in Höhe der Häuser Regerstraße 28-34 in Winz-Baak. Die alte Wassermühle wurde im Jahr 1776 als wasserbetriebenes Hammerwerk eingerichtet, 1826 zur Öl-und Kornmühle umge­baut und 1952 abgebrochen. Die Mühle stand auf der jetzigen Wiese gegenüber (südlich) der Kreuzung Obernbaakstraße (Bochum)/Rauendahlstraße (Hattingen) auf Hattinger Gebiet. Vormals speiste die Donnerbecke (Bochum) den nicht mehr vorhandenen Mühlteich.

Die Sage „Die Mühlenhexe“ ist auch im „Hattinger Sagenbuch“ von Dirk Sondermann (Verlag Peter Pomp, Essen, ISBN 978-3893552542) aufgeschrieben.