Hattingen. . Mit Kabarettist Chin Meyer wird Hartz-IV zum „Burnoutprophylaxestipendium“. Hattinger Themen wie Stadttor und Ruhrbogen-Renaturierung aufgegriffen
„Wie wird man Millionär“ – oder auch nicht? Diese Frage beantwortete der aus Film und Fernsehen bekannte Kabarettist Chin Meyer in seinem Programm „REICHmacher – Reibach sich wer kann“ am Freitagabend dem Publikum im ausverkauften Alten Rathaus.
Und das ist doch ganz einfach: Man ist schon Milliardär und kauft dann ProCon-Anteile. Leider kann aber nicht jeder diese Empfehlung befolgen – mangels der nötigen Voraussetzungen.
Reichmacher: Richtige Berufswahl
Chin Meyers Thema ist die Welt der Finanzen: Alles ist Wirtschaft – oder Economy, wie man in Neudeutsch sagt. Auch soziale Probleme wie Obdachlosigkeit oder Hartz-IV muss man unter wirtschaftlichen Aspekten sehen, und so ein „Open-Air-Adventure Lifestyle“ oder ein „steueroptimiertes Burnoutprophylaxestipendium“ hören sich doch gleich positiv an: Man sollte eben immer so kommunizieren, dass jeder Satz wie die Maxime einer Wirtschaftsberatung klingt.
Überhaupt ist positives Denken in der Wirtschaft ein Muss, denn Versicherungen zum Beispiel sind ja immer eine Wette und ein Geschäft mit der Angst. Ein weiterer Reichmacher ist die richtige Berufswahl. Und ein Negativbeispiel hat der quirlige Entertainer, bei dessen temperamentvollem Sprechtempo und überzeugender Präsentation kaum jemand eine Chance zu einem Einwand hat, auch schon zur Hand: seinen Pianisten Andreas Gundlach.
Dessen Versuche, dem Publikum ein Stück seines Lieblingskomponisten Alexis Dorwin zu Gehör zu bringen, schmettert Chin Meyer immer wieder ab – kein Jazz bitte, sondern harmonische Stücke, denn das wollen die Leute hören, ermahnt er ihn. Die wirtschaftliche Seite eines solchen Musikerdaseins illustriert Meyer mit dem Witz über einen Musiker, dem der Arzt eröffnet, er habe nur noch drei Wochen zu leben. Das provoziert lediglich die entsetzte Gegenfrage des Künstlers: „Aber wovon denn?“ Reich wird man eben doch am besten statt durch Arbeit immer noch durch eine Erbschaft – dem Highway zum schnellen Geld.
Ein weiterer Reich- oder auch Armmacher ist das Finanzamt. Witzig, in atemberaubendem Tempo trägt Meyer seine Thesen und Kommentare zu Analysten, Rüstungsexporten, internen Verrechnungskonten, der Schuldenkrise in Griechenland, Steuerparadiesen und Starbucks vor; auch bissige Seitenhiebe auf Subventionen wie das Betreuungsgeld und Hattinger Probleme wie die Stadttore oder die Renaturierung der Ruhr fehlen nicht. Das Publikum kommentierte Chin Meyers humorvoll-bissige, ungemein treffende Satiren mit zahllosen Lachsalven; die Zeit verging wie im Flug.