Hattingen. . Robert Hüser (76) und seine füheren Weiltor-Mitschüler feiern Wiedersehen.70 Jahre nach der Einschulung haben sie ihre Erinnerungen aufgeschrieben
Eigentlich, sagt Robert Hüser (76), habe er nur „einen kleinen Aufsatz“ schreiben wollen – „so, wie wir das früher in der Schule gelernt haben.“ Weil er es zurecht als etwas Besonderes empfindet, „dass sich eine Schulklasse nach 70 Jahren noch trifft“. Doch aus dem „kleinen Aufsatz“ für das morgige Klassentreffen der 1944 eingeschulten Weiltorschüler ist ein Heft voller eindrucksvoller Geschichten geworden. Und bei Robert Hüser zu Hause lagern noch etliche mehr.
„Ich hätte statt eines kleinen Heftes auch ein dickes Buch herausbringen können“, erklärt der gebürtige Hattinger, der heute in Mainz lebt. Denn Robert Hüsers Aufsatz-Idee hat etliche Nachahmer gefunden unter seinen früheren Klassenkameradinnen und -kameraden, von denen 35 bis 40 sich noch regelmäßig alle paar Jahre treffen (zwischenzeitlich war die Klasse durch hinzukommende Vertrieben und Flüchtlinge einmal an die 70 Schüler/innen groß).
Nicht, dass sie dabei alle etwas geschrieben haben zum Thema „Mein erster Schultag 1944“ , wie Hüser das Geschichtenheft überschrieben hat. Vielmehr gab der 76-Jährige vielen seiner einstigen Mitschüler mit seiner Aufsatz-Idee einen Anstoß, sich noch einmal zu erinnern an schwierige Zeiten. Und so schrieben auch sie Aufsätze. Über Erlebnisse und das dabei Empfundene, über das manche so noch nie miteinander sprachen: die Angst im Krieg, die ständige Bedrohung durch Bomben. Den Hunger als täglichen Begleiter. Über Unterricht bei Kerzenschein im Luftschutzbunker, über ihre Flucht. Indes kaum etwas über ihren ersten, für Kinder doch vermeintlich so wichtigen Schultag . . . „Keiner von uns 40 noch lebenden einstigen I-Männchen des Einschulungsjahrgangs 1944 kann sich nämlich an diesen Tag erinnern“, sagt Robert Hüser. „Wir stellen uns mehr die Frage: Hat dieser Tag überhaupt stattgefunden?“
Nun: Zumindest nicht in der Weiltorschule, die im Jahre 1942 zwischenzeitlich ihren Betrieb einstellte, da die Räumlichkeiten damals für Kriegsgefangene gebraucht wurden. Die in den letzten Kriegsjahren den Reschop-Bunker erbauten. Erst 1946, so Robert Hüser, seien er und seine Mitschüler in der Weiltor-Volksschule unterrichtet wurden. Da lag ihre Einschulung bereits zwei Jahre zurück. „Doch gelernt hatten wir bis dahin: wahrscheinlich nichts.“
Robert Hüser sagt, mit der Wiedereröffnung der katholischen Weiltorschule nach Kriegsende sei dann „langsam ein geordneter Schulablauf eingetreten“. Dass sein Klassenlehrer Martin Wiederholt es verstanden habe, „in den verbleibenden Schuljahren alles fast Versäumte aufzuholen“. Was er im Rückblick indes für mindestens genau wichtig erachtet, ist der bis heute bestehende Zusammenhalt mit seiner damaligen Klasse.
Nun: Eigentlich wäre dieser auch einen eigenen Aufsatz wert.