Hattingen. Am Tom-Mutters-Haus arbeiten Bewohner und Helfer zurzeit Hand in Hand an dem Projekt. Regelmäßig treffen sich die insgesamt 20 Teilnehmer in gemischten Kleingruppen.

„Das“, sagt Petra Kroll stolz und nimmt ein schwarz-rot-goldenes Gehänge in die Hand, „habe ich gemacht.“ Teil einer vor dem Tom- Mutters-Haus stehenden Installation ist das aus zusammengepressten Nespresso-Kapseln gefertigte Kunstwerk der 62-Jährigen geworden. Zu sehen ist es beim Rundgang durch den Sinnesgarten, der zurzeit rund um das Wohnhaus der Lebenshilfe Hattingen angelegt wird.

Impulsgeberin für dieses Projekt ist Iwona Schynol. Die 44-Jährige, schon seit Jahren im Nachtdienst in Tom-Mutters-Haus tätig, wollte die Einrichtungsbewohner irgendwann nicht immer nur schlafend erleben. Sondern mit den Menschen mit geistiger Behinderung gemeinsam etwas gestalten. So entstand erst eine Mal-, später eine Töpfer-Gruppe. Und irgendwann dann die Idee, diese Kunstwerke auch auszustellen. Zum Beispiel in dem Garten rund ums Haus . . .

Gut für das Selbstbewusstsein

Gedacht, gemacht. Seit einigen Wochen nun wird die große Grünfläche rund ums Tom-Mutters-Haus aufgehübscht, erschaffen die erwachsenen Bewohner zusammen mit jungen Menschen aus der Gemeinde Sankt Peter und Paul, aus Kindergärten und der Nachbarschaft einen Sinnesgarten. Und das auf eine brückenbauende Art und Weise, die jegliches Handicap unwichtig werden lässt. Regelmäßig treffen sich die insgesamt rund 20 Teilnehmer und arbeiten in gemischten Kleingruppen. Aber letztlich arbeiten doch alle gemeinsam am Gesamtkunstwerk, betont Iwona Schynol, die ihre Kollegin Silke Reinshagen (45) bei diesem inklusiven, von der Aktion Mensch mit 4000 Euro geförderten Projekt unterstützt.

Was bislang geschaffen worden ist, kann sich dabei sehen lassen: Mit Steinen, Muscheln, Ästen beklebte Scheiben aus Baumrinde stehen auf farbig lackierten Holzpfählen. Bunt bemalte Gipsmasken sind an einer Mauer befestigt. Und an den kleinen Kirschbaum nahe des Hauseingangs hängen Michael Goeke (53), Hans-Peter Schnorbus (47) und Sebastian Petrulat (39) soeben ein paar selbst gefertigte farbenfrohe Filzkugeln. Ein am vergangenen Wochenende von den Hausbewohnern und ihren jugendlichen Projekt-Mitstreitern bemaltes, drei mal vier Meter großes Leinentuch, das eine Wiese voller bunter Blumen zeigt, trocknet derweil noch unter einem Dach. „Unsere Bewohner“, sagt Ilona Gawlinska (44), Leiterin des Tom-Mutters-Hauses, „freuen sich sehr, dass sie durch dieses Sinnesgarten-Projekt die Erfahrung machen, dass das, was sie erschaffen, auch etwas wert ist. Das steigert ihr Selbstbewusstsein enorm.“

Ein Augenblick später: Jutta Stobinski streicht sachte über einen kleinen Tonvogel, der in einer zum Kunstregal umgestalteten Euro-Palette ausgestellt ist. Lächelnd sieht Petra Kroll, die vor 30 Jahren als erste Bewohnerin in Tom Mutters Haus eingezogen ist, der 59-Jährigen dabei zu.

Was Kunst alles kann . . .

Sommerfest mit Stelzenlauf

30 Jahre besteht das Tom-Mutters- Haus der Lebenshilfe Hattingen in diesem Jahr, beim Sommerfest am Samstag, 23. August, wird der runde Geburtstag groß gefeiert.

Auf Initiative einiger Eltern, erinnert sich Einrichtungsleiterin Ilona Gawlinska, sei das einst dem früheren Inhaber des Restaurants Hackstück gehörende Hotel im Jahre 1984 zu einem Zuhause für ihre geistig behinderten, erwachsenen Kinder geworden. Noch heute leben die meisten der Erstbewohner im Tom-Mutters-Haus, lediglich drei der zurzeit 21 Frauen und Männer zwischen 39 und 73 Jahren zogen erst vor einigen Jahren an die Hackstückstraße 125.

Ebenda erwartet alle Sommerfest-Besucher am Samstag ein buntes Programm (14 - 19 Uhr). Das bietet zum Beispiel Akrobatik, Livemusik von den „Nachtwächtern“ aus Witten – und eine Darbietung der „flotten Flipper“, einer Gruppe bewegungsbegeisterter Tom-Mutters-Haus-Bewohner, die gemeinsam mit den Awo-Tanzmäusen auftreten. Wer mag, kann zudem Kunstobjekte aus Nespresso-Kapseln basteln, sich beim Stelzenlaufen und auf der Hüpfburg vergnügen, im Sinnesgarten lustwandeln oder auf Trikes einen Ausflug ins Grüne unternehmen.

Auch ein neues Hattingen-Lied wird beim Sommerfest zu hören sein. Selbst getextet von Tom-Mutters-Haus-Bewohnern, die an jenem Tag zudem eigens fürs 30-Jährige entworfene T-Shirts tragen werden. Fotografieren lassen wollten sie sich damit im Vorfeld nicht. Die Fest-Besucher sollen sich ruhig mal überraschen lassen . . .