Hattingen. Heimatfreund Gerhard Wojahn berichtet von der wechselvollen Geschichte der alten Wehranlage und ihrer Bedeutung als Ausflugsziel.

Mein Freund und ich wanderten in unserer Jugend gern von Klein Langenberg durch das Ludwigstal zur Burg Blankenstein bzw. Pfingstkirmes. Unser Ziel dokumentiert zum, Beispiel die große Luftaufnahme von der Ortschaft, eine Postkarte aus dem Jahr 1965.

Die Burg

Von der Brücke Friedrichsberg am Rande des Irrgartens hat man einen herrlichen Blick auf die Burg und ins obere Ruhrtal. Im Jahre 1227 ließ Graf Adolf von der Mark auf dem „blanken Steyn“, 70 Meter oberhalb der Ruhr, eine feste Burg bauen. Sie zählte mit ihren dicken Turmmauern zu den stärksten Wehranlagen jener Zeit. Für den nötigen Schutz des Landes sorgte der Drost, der Heerführer war und gleichzeitig als Amtmann die Abgaben der Bauern für seinen Herrn einzog. Die Burg galt als eine der schönsten der Grafschaft Mark. Allerdings: Der Große Kurfürst befahl im Jahr 1662 den Abriss der Wehranlagen, weil sie militärisch wertlos geworden waren.

Rund 200 Jahre danach kaufte der Eisenwarenhändler und Missionar Gustav vom Stein im Jahr 1860 die Überreste der Anlage für 1000 Taler und ließ den Turm wiederherstellen, dazu um 1900 auf den Grundmauern des früheren Marstalles eine Terrassen-Gaststätte mit Veranda und Rittersaal bauen. In den 1870er Jahren wurde die Chaussee von Hattingen zum Steinenhaus fertiggestellt. Rasch zog Blankenstein viele Besucher an. Sie kamen von Hattingen zu Fuß oder mit der Kutsche durch das Ludwigstal. Der Ort lebte von den vielen Ausflüglern. Mitte der 1870er Jahre gab es 16 Gastwirtschaften.

Aussicht

Der 26 Meter hohe Burgturm ist kostenfrei zu besteigen. Als Lohn des anstrengenden Aufstiegs erwartet sie der grandiose Blick über das reizvolle Ruhrtal. Flussaufwärts sieht man über den Kemnader See hinweg bis zum Fernmeldeturm in Dortmund. Nach Süden sind es durchweg die bewaldeten Höhen von Herbede bis Haßlinghausen; im Nahbereich die Ortschaft Blankenstein.

Die Burggäste hatten stets eine herrliche Aussicht nach Osten. Der Rittersaal lockte viele Besucher an. Manch wackerer Nachtzecher mag hier schon den ­erhabenen Sonnenaufgang über dem weiten Ruhrtal genossen haben.

Gastronomie

1922 verkaufte das Ehepaar Gustav vom Stein die Burg an die Stadt Bochum. Der neue Eigentümer ließ 1958/59 die Gebäude von Gaststätte, Saal und Veranden abreißen. Hier sollte eine moderne Gastronomie entstehen. Doch durch die Strukturkrise (Bergbau, Stahl) scheiterte der Plan. Seit mehr als 50 Jahren stehen die Grundmauern und eine tiefe Baugrube am Rande des Burggeländes offen und frei. Mit dem Abriss der im Jahre 1900 erbauten, erst knapp 60 Jahre alten Burggaststätte begann der Rückgang des intensiven Besucherzustroms.

Im heutigen „Restaurant Burg Blankenstein“ direkt neben dem Burgturm kann man seit 1980 so feiern, wie die Ritter in alten Zeiten.

Die Freiheit Blankenstein

Rings um die Burg steht ein Kranz von Fachwerkhäusern, es ist die so genannte „Freiheit Blankenstein“. Die Häuser waren für die nicht adeligen Dienstleute und die Kriegsknechte mit ihren Familien vorgesehen. Die Siedlung ist über 400 Jahre alt, sehr gepflegt und gehört zu den besonders geschützten Ortskernen des Ruhrgebiets. Zur Ruhr geht es steil bergab. „Zum Ruhrblick“ nannte sich die Gartenwirtschaft in der Blankensteiner Freiheit, Wald verhindert den Ausblick.

Burgstraße

Die 100 Jahre alte Postkarte mit dem Blick vom Marktplatz auf die Burg begeistert einen Heimatkundler. Es fallen das holperige Straßenpflaster auf, dann das alte Fachwerkhaus mit der niedrigen Eingangstür, die Strom-Masten und Freileitungen, die Evangelische Kirche und in der Ferne der Burgturm mit den Besuchern auf der Aussichtsplattform. Rechts vor dem Haus Nummer 14 wartet eine Verkäuferin am Andenken-Stand auf Kunden. Die Personen tragen alle Sonntagskleidung.

Das gleiche Straßenstück ist heute effektvoll, die Häuser sind gepflegt. Es wirkt auf Tagesgäste aus dem Ruhrgebiet sehr einladend. Gerade sie schätzen auch heute noch diese Krone des märkischen Ruhrtals. Aber leider finden Gäste in der Burgstadt nicht immer einen Parkplatz.

In der im Jahr 1977 herausgege­benen Chronik zum 750-jährigen Bestehen der Burg Blankenstein ist überliefert, dass die Stadt schon um die Jahrhundertwende (1900) als erste aller Städte und Gemeinden eine elektrische Straßenbeleuchtung erhielt. Den Strom – auch für die Haushaltungen – erzeugte die ortsansässige Firma Drahtseilwerke Heinrich Puth.

Massen-Tourismus

Ich erinnere mich an einen Tag im Spätsommer 1949. Ein Samba-Express der Bundesbahn brachte vom Niederrhein ca. 1000 Ausflügler nach Burg Blankenstein. Und Mitte 1955 konnte man sonntags bis zu 50 Busse aus den umliegenden Großstädten zählen. Im Postamt waren an solchen Tagen bis zu 4000 Ansichtskarten zu stempeln.