Hattingen. Blankenstein blickt inzwischen auf eine 787-jährige Geschichte zurück. Handwerker, Schmiede, Bäcker suchten die Nähe der Burg.
In den Abendstunden des 30. Juli 1927 hatte sich eine rund tausendköpfige Festgesellschaft auf dem Marktplatz von Blankenstein versammelt. Mit Böllerschüssen und Fackeln, Festball und Festumzug feierte sie das 700-jährige Bestehen „ihrer“ Burg. Sogar der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg ließ „Herzliche Glückwünsche“ zum Jubiläum übermitteln – per Brieftaube. Ja, Blankenstein hatte Bedeutung in jenen Jahren – weit über die Region hinaus. Zur „Perle des Ruhrtals“, wie Blankenstein in jener Zeit genannt wurde, zog es insbesondere an den Wochenenden zahlreiche Menschen, die hier Burgromantik, eine kleine, feine Stätte voller Flair, dazu Natur pur vorfanden.
Den Anfängen Blankensteins ging dagegen eine folgenschwere Auseinandersetzung voraus: Nachdem Friedrich von Isenberg für die Tötung des Erzbischofes Engelbert I. von Köln zur Rechenschaft gezogen worden war, wurde die Isenburg im Jahre 1225 zerstört, das Territorium unter dem Erzbistum Köln und dem Grafen Adolf I. von der Mark aufgeteilt. Zum Schutz seiner neu hinzugewonnen Gebiete ließ der Graf sodann auf dem „blanken steyn“ – einer Lichtung im Bergwald über dem Ruhrtal – eine Festung bauen: die Burg Blankenstein. Über die Jahre wurde die Anlage von 1227 immer wieder erweitert. Sie galt als uneinnehmbar, erhielt den märkischen Grafen bis ins 17. Jahrhundert hinein die Macht.
Um die Burg Blankenstein herum, sagt Stadtarchivar Thomas Weiß, sei damals schon rasch „eine kleine Siedlung“ entstanden: Handwerker, Schmiede, Bäcker suchten die Nähe der Festung zum Schutz, die so genannte Freiheit außerhalb der Burgmauern entwickelte sich. Bereits seit dem Jahr 1335 besaß der Ort eine eigene niedere Gerichtsbarkeit, im Jahre 1355 bestätigte Graf Engelbert III. von der Mark Blankenstein die Freiheitsrechte.
Schon aufgrund ihrer Lage auf dem Berg allerdings blieb die Freiheit Blankenstein bis ins 19. Jahrhunderts „relativ klein, sie hatte nur wenige hundert Einwohner“, so Weiß. Auch, dass ein gewisser Johann Georg von Syberg im Jahre 1622 die Burganlage – bis dato wichtiger Arbeitgeber – wegen Baufälligkeit zu weiten Teilen abreißen ließ und dass ein Brand an Pfingstmontag 1665 den Ort fast vollständig vernichtete, trug kaum zum Großwerden Blankensteins bei.
Selbst König Wilhelm IV. kam zu Besuch
Im 19. Jahrhundert beginnt Blankensteins Entwicklung Fahrt aufzunehmen. Johann Arnold Halbach gründet im Jahr 1804 im Ort ein Hammerwerk (die „Halbach Hämmer“), 1848 wird die Seilfabrik Puth errichtet, 1860 eine Lüstrierfabrik zum Glänzen von Garnen auf dem Burg-Gelände.
Zudem ist die Tuchweberei der wohlhabenden Unternehmerfamilie Gethmann ein wichtiger Arbeitgeber im Ort. Blankensteins Einwohnerzahl zieht an, beträgt im Jahre 1858 bereits 1080 Menschen. Auch durch den Gethmannschen Garten – einer der ersten öffentlichen deutschen Parks – gewinnt Blankenstein an Bedeutung. Selbst der spätere König Wilhelm IV. stattet der ab 1806 errichteten Anlage 1833 einen Besuch ab, Eisenbahnen machten Besuche Blankensteins auch für Bürger von außerhalb möglich.
Bis in die 1960er Jahre hinein, sagt Weiß, blieb Blankenstein für Touristen attraktiv. „Dann ebbte das breite Interesse am Ausflug ins Grüne ab.“ Und der Ortskern-Sanierung und anderer Fördermaßnahmen in den vergangenen Jahrzehnten zum Trotz: Heute, so Weiß, befinde sich dieses in Sachen Tourismus „im Dornröschenschlaf“. Auch seine Eigenständigkeit als Stadt – für deren Erhalt im Jahre 1968 sogar 1500 (!) Bürger demonstrierten – hat Blankenstein verloren: Seit 1970 ist es ein Ortsteil von Hattingen (mit 2762 Einwohnern Ende 2013).
Und die Burg als Blankensteins Identitätsstifter? Nun: Die ist heute eine unter Denkmalschutz stehende Ruine, regional als nettes Ausflugsziel bestens bekannt. Indes: Während ihr 700-jähriges Bestehen Reichspräsident Paul von Hindenburg Anfang des 20. Jahrhunderts noch ein persönliches Gratulationsschreiben wert war, weiß Deutschlands derzeitiger Bundespräsident Joachim Gauck vermutlich nicht einmal etwas von ihrer Existenz.