Essen. .
In einem Drama unter Brüdern verzichtete die XVII. Essener Strafkammer auf ein hartes Urteil. Bewährung gab sie dem 44-Jährigen, der seinen Bruder in der Hattinger Innenstadt brutal verletzt und 20 Euro geraubt hatte.
Ruhig und gelassen wirkt der in Düsseldorf wohnende Angeklagte vor dem Landgericht Essen. Doch sein drei Jahre jüngerer Bruder aus Hattingen kennt ihn anders. „Schon als Kind war er wie die Berge“, charakterisiert er ihn bildreich, „mal oben, mal unten. Er war immer chaotisch“. Hintergrund der aktuellen Auseinandersetzung ist ein Erbstreit der beiden albanischstämmigen Brüder im heimischen Serbien. Der Angeklagte bekam von seinen Eltern ein Stück Land, sein Bruder das Elternhaus. Seitdem fühlt der Düsseldorfer sich benachteiligt.
Schlag ins Gesicht
Laut Anklage soll er sich am 8. Juni 2013 mit seinem Bruder in der Hattinger Fußgängerzone getroffen haben. Sie bummelten durch die Stadt. Dabei ging der Jüngere in die Sparkasse und zog 30 Euro. Als er wieder auf die Straße trat, verlangte der Angeklagte Geld von ihm, 20 Euro. Der Bruder weigerte sich und bekam einen Schlag ins Gesicht.
Der 44-Jährige entriss ihm das Portemonnaie, rannte weg. Der Bruder hinterher. Das ließ sich der Angeklagte nicht gefallen. Er stoppte, zog ein Messer aus der Tasche und bedrohte seinen Bruder: „Ich stech dich ab.“ Erst dann gelang ihm die Flucht. Der Bruder rief die Polizei an, die den Angeklagten festnahm.
Anfangs bestreitet er die Tat. Tatsächlich habe sein Bruder ihm 20 Euro geschuldet. Das Geld habe er gefordert und weil der Bruder aggressiv geworden sei, habe er zugeschlagen. Nicht mit der Faust, wie es die Anklage behauptet, sondern mit der flachen Hand. Richterin Gabriele Jürgensen erinnert später daran, dass die flache Hand nicht ganz zu den Fotos passe, die den blutenden Bruder zeigten.
2012 wegen Telefonterror angezeigt
Der Bruder sagt bewegt und voller Emotionen aus. Wie er immer versucht habe, mit seinem Bruder ins Gespräch zu kommen. Aber das sei nicht möglich gewesen: „Ändern Sie mal einen, der 44 ist.“ 2012 habe er ihn angezeigt, weil der Bruder ihn mit einem Telefonterror überzogen habe.
Nach der Mittagspause zieht Verteidigerin Hülya Karaman die Notbremse und legt für ihren Mandanten das Geständnis ab, das in fast allen Punkten der Aussage des Bruders entspricht. Der Angeklagte bestätigt, dass er sich diese Darstellung zu eigen mache. Auch wenn das Geständnis spät kam, honoriert die Strafkammer es strafmildernd. Zwei Jahre Haft mit Bewährung bekommt er wegen schweren Raubes, außerdem muss er 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit leisten.