Hattingen. Neue Marken, neue Lieferanten, neues Kundenzentrum, neues Logo – und Ende 2017 soll endlich ein Neubau bezogen werden.
Jürgen Wille bittet um Verständnis. Im größten Besprechungsraum der Hattinger Stadtwerke, der acht Teilnehmern Platz bietet, gibt es an sonnigen Tagen eine simple Alternative: heiß oder laut. Und so bollert das Stand-Klimagerät ins Gespräch des Stadtwerke-Geschäftsführers mit der WAZ und verrät: Energetisch ist die Zentrale des örtlichen Energieversorgers kein Vorzeigeobjekt, sondern ein Trauerspiel. Der Chef residiert im ehemaligen Wohnzimmer eines Werkstattleiters und hat die Sanierungskosten für die Immobilie an der Gasstraße ausrechnen lassen. Ergebnis: nicht unter drei Millionen Euro. Weshalb das Unternehmen jetzt die Flucht nach vorne antritt. Und für fünf bis sechs Millionen Euro ein neues Verwaltungs- und Betriebsgebäude baut.
Ende 2017 wollen Jürgen Wille (57) und seine 37 Mitarbeiter den neuen Standort beziehen. Auf dem Gelände des aufgegebenen und zurzeit als Lager genutzten Wasserwerk direkt an der Ruhr soll nach Abriss der alten Gebäude die neue Zentrale der Stadtwerke Hattingen GmbH entstehen. Ein „zweigeschossiger Funktionsbau mittlerer Güte“ mit Verwaltungs- und Werkstatt-Trakt. Und einem finanziellen Vorteil: Das Grundstück gehört den Stadtwerken schon. Mitte Juni hat der Aufsichtsrat der Stadtwerke den Neubau gebilligt.
Der Standortwechsel ist nicht Willes einzige Baustelle. Seit er im Januar 2013 die Stadtwerke übernahm, krempelt er das Unternehmen um – nicht wenige sagen: holt es aus einem Dornröschenschlaf. Zusammen mit seinem Finanzprokuristen Lars Tellmann (43) hat Jürgen Wille
- die Abhängigkeit vom zuvor einzigen Gaslieferanten AVU gelöst und auf Ausschreibungen für acht bis zehn Anbieter umgestellt, was günstigere Preise garantiert,
– neue Marken wie „Hatgas“ oder „Hatwas“ entwickelt,
– das Kundenzentrum am Obermarkt in Betrieb genommen,
– die Aus- und Weiterbildung im Hause forciert,
– Sponsoring für Sportvereine, Kulturschaffende und Schulen eingeführt,
– ein neues Logo entwerfen lassen.
„Die Liberalisierung der Energiemärkte erfordert von Unternehmen wie unserem hohe Flexibilität“, sagt Jürgen Wille. Der studierte Betriebswirt und Diplom-Kaufmann hatte vor seinem Wechsel nach Hattingen in leitender Funktion als Wirtschaftsprüfer gearbeitet. Und freut sich, dass man wirtschaftliches Handeln jetzt auch an die Kunden in dieser Stadt habe weitergeben können. In verschiedenen Sondertarifen hatten die Stadtwerke die Preise für Gas zuletzt gesenkt.