Hattingen. . Der Hattinger Künstler Holger Vockert spielt in der Ausstellung „Stahl und Moral“ mit einem abgetrennten Körperteil und einem abgedrehten Kaiser Wilhelm I.

Wenn Holger Vockert am Werk ist, muss sich der Betrachter auf neue Sichtweisen einstellen. Sehen seine Objekte so aus, als fehlte ihnen etwas, als seien sie möglicherweise kaputt, kann das durchaus Absicht sein. In der Ausstellung „Stahl und Moral“, die noch bis zum 9. November im Industriemuseum zu sehen ist, liefert er zwei Beispiele.

Um Rüstung und Zerstörung, Leid und Tod, die Hütte als Rüstungsbetrieb, um den Ersten und Zeiten Weltkrieg dreht sich die Schau, aber auch um das Thema Gewalt allgemein und um 4000 Jahre voller Gewalttätigkeit. Den Besucher erwarten viele Exponate, Panzer und Kanonen. Und eben ein roter Arm mit wütend hochgereckter Faust.

Aufbewahrt für später

Holger Vockert schickte zwar beispielsweise ein Kreuz in Knallorange auf den Kreuzweg. Ein Kreuz, dessen oberer Teil abgeknickt war, um damit eine Botschaft zu vermitteln. Die Botschaft hat auch dieses Werk, doch an dem abgetrennten Arm ist der Hattinger unschuldig. Er gehörte seinem Spiderman. Den Kletterkünstler in Rot hatte er auf dem Horkenstein fest verschnürt. Was diesem nicht unbedingt gefallen haben muss. Als Akt der Gewalt empfand der Künstler die Zerstörung seines Werks. Er brachte es nicht übers Herz, den abgetrennten Arm wegzuwerfen – und hob ihn auf zur späteren Verwendung. Jetzt in der Ausstellung, deren Thema Gewalt ist.

Der einzelne Arm teilt sich nun einen Platz in der Ausstellung zusammen mit einem Sagenbuch. Um den Stein und die Opfer, die dort stattgefunden haben sollen, ranken sich reichlich Schauergeschichten. Mit Buch und Arm wird ein neuer Zusammenhang hergestellt.

Extra für die Ausstellung hat Holger Vockert außerdem ein Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I. angefertigt. Auch wenn es vor der Halle steht, in der Panzer und Granaten aufmarschieren: Die sind nicht schuld am Zustand des Standbildes.

Nur auf den ersten oberflächlichen Blick sieht es aus wie die vielen, die auf zahlreichen Plätzen stehen. Wer genauer hinsieht, entdeckt die Unterschiede. Auf dem Foto oben ist nur ein Teil des Ganzen zu sehen. So fehlt dem Herrscher beispielsweise ein Arm. Und Kaiser Wilhelm steht auch nur mit einer Epaulette da. Vockert spielt mit den Insignien von Macht und Herrschaft. Das zweite Schulterstück der Uniform fehlt. Genauso wie seinem Pferd ein Teil des Unterteils abgeht und das Tier nicht wie andere fest und besonders majestätisch auf vier Beinen steht. Das ganze Standbild ist gedreht. Und sieht mehr als zerrupft und lädiert aus. Kein Wunder angesichts von so viel Gewalt im Umfeld. Der Herrscher dreht sich außerdem noch weg von seinem Volk, zeigt ihm den Rücken und die kalte Schulter.