Hattingen. Nicht nur die Stolpersteine glänzen, seit Gymnasiasten sie geputzt haben. Jugendliche setzen sich mit Vergangenheit und eigenem Verhalten auseinander.

Was haben die Schüler aus dem Umgang mit den Stolpersteinen gelernt? Wirkt er sich auf das eigene Verhalten aus? Wie wichtig sind Zivilcourage und Widerstand, das Einschreiten etwa gegen Mobbing? „Ich kann nicht sicher sagen, wie ich reagieren würde, ob ich einschreiten würde, wenn auf der Straße jemand verprügelt wird“, bringt es ein Jugendlicher vor dem Bügeleisenhaus auf den Punkt.

Bewirkt hat es auf jeden Fall, dass Zeichen wahrgenommen werden, von denen manche nicht wussten, dass sie existieren. Als die ersten Stolpersteine vor neun Jahren verlegt wurden, die Gymnasiasten von der Waldstraße jetzt – wie berichtet – geputzt haben, gingen die heutigen Jugendlichen in die Kita, dachten wohl kaum an den bald folgenden Schulbeginn. Die NS-Zeit und ihre Gräuel sind für sie thematisch noch viel weiter weg. Den ungewöhnlichen Spaziergang, ist Stadtarchivar Thomas Weiß überzeugt, werden sie nicht so schnell vergessen. Nicht nur, „weil die Steine noch nie so glänzten wie heute“. Auf ihm kamen sie der eigenen Stadtgeschichte und den Menschen, die getötet, verschleppt oder von den Nazis auf andere Art grausam behandelt wurden, näher.

Was jedem Einzelnen widerfahren ist, haben die Schüler aufgearbeitet. Und tragen es, zu mehreren im Wechsel, an den jeweiligen Standorten vor. Man merkt, dass sie mit den Daten vertraut sind. Denn Schülerinnen und Schüler haben zwar alle unterschiedlich große „Spickzettel“ dabei auf der Wanderung von Blankenstein bis in die Innenstadt. Und bei manchen stehen nur Stichworte zu den Personen drauf. Aber sie müssen meist nicht lange überlegen, schütteln die Daten aus dem Ärmel.

Länger überlegen müssen sie, wer denn nun die Steine wienert. Am Anfang reißt sich niemand um den Putzjob, am Ende sind alle dabei. „Für die nächste Aktion müssen wir auf jeden Fall mehr Zeit einplanen“, weiß der Stadtarchivar. Sind doch am Freitag acht neue Steine verlegt worden. Was den acht Kilometer langen Weg logischerweise verlängert. Und die drei Stunden reichten auch so schon kaum aus von Blankenstein bis zum Bügeleisenhaus. Was auch an den Diskussionen unterwegs liegt.

Die Steine, die auch manche Erwachsene vielleicht bisher nicht wahrgenommen haben, sind zum Gedenken an Menschen verlegt worden. „Aber stehen sie deshalb auf einem Sockel?“, fragt Weiß. Sie lebten mitten unter den anderen. Ganz normal. Wie zum Beweis kurvt in Blankenstein ein Vater mit Kinderwagen um den Stein, ein Moped knattert an den Versammelten vorbei.