Hattingen. Apotheker und Ärztin erkennen vermehrte Nachfrage, beispielsweise an oder nach Feiertagen. Über die Frage der Rezeptfreiheit herrscht Uneinigkeit.

Ob es die „Pille danach“ ohne Rezept geben soll, das wird aktuell viel diskutiert. „Das ist ein typisches Notdienst-Thema“, sagt Apotheker Tasso Weinhold von der Westfalen-Apotheke.

Er weist auf eine für ihn wichtige Fragestellung hin: „Bevor eine Frau diese Pille nimmt, müsste sie eigentlich einen Schwangerschaftstest machen, um zu sehen, ob es nicht vielleicht schon vorher zu einer Schwangerschaft kam. Das muss sauber abgeklärt werden. Ich würde immer einen Test empfehlen“, sagt er. Denn die Einnahme der „Pille danach“ könnte ungeborenem Leben schaden. Gerade im Notdienst sei eine Beratung „durch die Klappe“ schwierig. Gegen eine Verschreibungspflicht hat er nichts. „Ich glaube, die Hemmschwelle, zum Arzt oder zur Apotheke zu gehen, ist ähnlich hoch.“

Für eine Rezeptpflicht ist die für Hattingen zuständige Ärztekammer Westfalen-Lippe. Denn: „Das Zeitfenster für eine Befruchtung beträgt nur drei bis fünf Tage. Viele Frauen wissen das nicht“, sagt Dr. Doris Dorsel, Leiterin der Patientenberatung der Ärztekammer. Und nehmen dann die „Hormonbombe“ unnötigerweise. Im Gespräch mit dem Arzt könne abgeklärt werden, ob es zu dem Zeitpunkt überhaupt zu einer Schwangerschaft kommen kann und ob der Gesundheitszustand der Patientin die Einnahme erlaubt. „Zudem gibt es ein wirksameres, verschreibungspflichtiges Präparat, das eventuell viel geeigneter sein könnte.“ Ethisch sei die „Pille danach“ keine Abtreibung. Sie verzögere nur den Eisprung.

Darum sagt Superintendent Ingo Neserke vom ev. Kirchenkreis Hattingen-Witten: „Das ist für uns eine medizinische, keine ethische Frage.“ Auf die Pille danach weist Frauenärztin Dr. Nikola Höner auf ihrer Internetseite hin. Relativ häufig werde die „Pille danach“ in der Praxis angefragt – meist nach den Feiertagen. Dabei handele es sich zumeist um „Pannen“ – nicht um mangelnde Verhütung.

„Wir kämpfen seit Jahren darum, dass es die Pille rezeptfrei gibt“, sagt Dr. Christine Gathmann von Pro Familia NRW. Pro Familia berät Hattingerinnen von Witten aus. Schon wegen des hohen Preises von 17 Euro würde die „Pille danach“ nicht zu einer nachlässigeren Verhütung führen. Die Schamschwelle beim Arztbesuch sei hoch. Auch Hausärzte könnten übrigens im Notdienst die „Pille danach“ verordnen, würden aber oft weiterschicken zu Kliniken oder Fachärzten. Häufig würden die Patientinnen von A nach B geschickt. „Ich habe da schon tolle Geschichten gehört.“ Pro Familia hat für die „Pille danach“ eine Info-Hotline (Bandansage): 01805 77 63 28.

Apotheker Rainer Schell von der Altstadt-Apotheke rechnet indes nicht damit, dass das Gesundheitsministerium der Empfehlung nachkommt. „Das ist ja schon mal abgelehnt worden.“