Hattingen. Gegen Mutlosigkeit und in Verzagtheit erstarrende Gemeinden setzt Ulrike Radix ihren biblischen Leit-Vers. Als Gemeindeschwester besucht sie Kranke und Hilfebedürftige. Die studierte Theologin wollte Pfarrerin werden. Doch als chronisch Rheuma-Kranke „hatte ich keine Chance auf eine Einstellung“.
„Denn der Geist, den Gott uns geschenkt hat, lässt uns nicht verzagen. Vielmehr weckt er in uns Kraft, Liebe und Besonnenheit.“
2. Timotheus
Diesen Spruch hatte Ulrike Radix (48) schon als Taufspruch für ihren Sohn ausgewählt und findet, dass er ein tolles Lebensmotto ist. „Dieser Vers versichert uns, dass wir mutig sein dürfen“, so die evangelische Gemeindeschwester aus Bredenscheid. „Friedrich von Bodelschwingh sagte ja schon: ,Tüchtig beten, tüchtig arbeiten, alles andere kommt von selbst’“, so Ulrike Radix mit einem Lächeln.
Sie stört die Starre, die teils in Gemeinden angesichts knapper Mittel eintritt. „Wir haben die letzten 2000 Jahre geschafft, wir schaffen die nächsten auch noch.“ Angst wäre fehl am Platz. Viele jammerten auf hohem Niveau. Mutig müsse man durchs Leben gehen. „Meine Stelle hier war auch erst für ein Jahr ausgeschrieben, ich habe das trotzdem gemacht. Und jetzt sind schon so viele Mittel da, dass zweieinhalb Jahre gesichert sind“, sagt sie. Den Kopf in den Sand zu stecken, das ist nicht ihr Ding.
Evangelische Theologie hat sie studiert, wollte Pfarrerin werden. „Doch dann bekam ich Rheuma. Als chronisch Kranke hatte ich keine Chance auf eine Einstellung.“ Sie orientierte sich um, arbeitete in einem Call-Center und sagte sich: „Wenn es etwas gibt, wo Gott mich braucht, dann schickt er mich dahin.“ Sie trat in die Sarepta-Schwesternschaft ein, belegte eine Diakonie-Fortbildung. „Da habe ich viel über Hilfsangebote in Deutschland gelernt.“ Dann kam die Stelle in der Gemeinde Bredenscheid-Stüter. „Sie wurde geschaffen, weil es immer weniger Pfarrstellen gibt“, so Ulrike Radix. In den kommenden drei Jahren möchte sie sich noch in systemischer Beratung fortbilden.
Im dörflichen Bredenscheid ist es gut, „dass ich was über Milchquoten weiß und wie viele Eier ein Huhn legt. Die Gegend ist sehr ländlich mit vielen Höfen. Mein Großvater war Landwirt.“ Geht sie zu einem Hausbesuch, zu einer an Krebs erkrankten Frau, die im Sterben liegt, dann „sitze ich vorher oft noch im Auto und bitte Gott um Inspiration und Hilfe für meinen Besuch“. Mit Tod, Sterben, Krankheit kann Ulrike Radix gut umgehen. „Was mich hilflos und richtig wütend macht, ist, wenn ich bei etwas nicht helfen kann, weil es die Gesetzeslage nicht hergibt, beispielsweise eine Reha für eine Mutter, die abgelehnt wird. Obwohl ich sehe, dass die Frau nicht mehr kann.“ Den Zorn werde sie auch abends daheim nicht los. „Dann sage ich auch schon mal, Du da oben, was ist, schenke den Entscheidern doch Einsehen.“ Sie versucht täglich so zu leben, dass sie sagen kann: „Ich tue, was ich kann. Den Rest gibt Gott.“