Hattingen. Diese Straftat kann man nur Asylbewerbern vorwerfen: Pascal F. soll an seiner Abschiebung „nicht mitgewirkt“ haben.

„Beschlossen und verkündet:“ Mit dieser formellen Eröffnung diktierte der Richter im Strafverfahren gegen den 23-jährigen Pascal F. sich selbst eine Aufgabe: „Ich werde bei der Botschaft von Guinea in Berlin nachfragen.“ Die Frage: Welche Dokumente muss ein Asylbewerber aus der westafrikanischen Republik eigentlich vorlegen, um Pass- oder Passersatz-Dokumente zu erhalten?

Die Verteidigerin des jungen Afrikaners behauptet: Vor allem müsste jedem Antrag „ein ordentliches Bestechungsgeld“ beiliegen. Die Auskunft, die sie bei der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte einholte, lautete: Es sei „definitiv nicht möglich, in Guinea einen Pass zu bekommen“.

Die Straftat, wie sie die Staatsanwältin am Mittwoch im Amtsgericht als Anklage verlas, kann in Deutschland nur ein Asylbewerber begehen: Pascal F. habe es versäumt, an seiner eigenen Abschiebung mitzuwirken.

Die Anwältin des jungen Mannes entgegnete: Ihr Mandant, der sich im Gericht zwar von einem französischsprachigen Übersetzer helfen ließ, aber gut Deutsch spricht, könnte seit zwei Jahren in der Altenpflege arbeiten. „Er hat viel getan, um sich hier einzugliedern. Aber ihm wird jede Erwerbstätigkeit untersagt.“

Der als Zeuge geladene Kommunalbeamte aus Schwelm verwies auf die von der Zentralen Ausländerbehörde in Dortmund geübte Praxis sogenannter „Interview-Termine mit Vertretern guineischer Behörden, die Ersatzpapiere ausstellen“ – und ergänzte selbst: „Von Menschenrechts-Organisationen wird das angeprangert.“

Die Anwältin Pascal F.s fand noch stärkere Worte: „Das ist eines Rechtsstaates unwürdig, da wehre ich mich mit Händen und Füßen gegen.“ Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, in welcher Form diese Delegationen aus dem „Bürgerkriegsland“ Guinea durch ihren Staat legitimiert seien – und ob die bei solchen Gelegenheiten ausgestellten Ersatzpapiere überhaupt einen Wert haben.

„Für einen naiv rechtsstaatlich denkenden Menschen“, meinte der Richter nachdenklich, „wäre es doch normal zu sagen: Wenn ich keinen Pass habe, gehe ich zur Botschaft.“ Sein Fazit nach gut halbstündiger Verhandlung: „Ich muss mich umfassend aufklären.“