Hattingen. . Warum das Ehepaar Schwiese das letzte Möbelhaus Hattingens betreibt und warum es mit Service allein und ohne Internet nicht mehr geht.

Früher, sagen Thekla und Volker Schwiese, sei alles anders gewesen: „Früher gab es hier noch andere Möbelhäuser. Heute nur noch uns.“

Die Eheleute Schwiese führen das letzte Vollsortiment-Möbelgeschäft Hattingens. Gegründet nach dem Zweiten Weltkrieg von Georg Lehberger, der in einer ehemaligen Wehrmachtsbaracke eine Schreinerei mit einem kleinen Schaufenster eröffnete und alle Möbel selbst baute. 1954 zog er in die Marxstraße in Welper um. Dort ist das Geschäft noch heute, zwar ohne Schreinerei, dafür aber mit drei großen Schaufenstern, einem Ausstellungsbereich vorn und einer Ausstellungsfläche über zweieinhalb Etagen im Hinterhaus. Volker Schwiese (51), der eigentlich Innenarchitekt ist, hat den Betrieb nur deswegen übernommen, „weil ich meine Frau kennengelernt habe. Allein kann man so einen Familienbetrieb nicht führen, aber aufgrund der dörflichen Lage personell auch nicht wachsen.“

Von Kleinmöbeln über Betten und Wohnwände bis zu KomplettKüchen – bei Möbel Schwiese ist die Auswahl groß, aber die Situation im Einzelhandel schwierig. „Das Verbraucherverhalten hat sich stark verändert: Stichwort Internet. Die Leute klicken sich nächtelang durch Foren und Testberichte und kommen dann mit genauen Vorstellungen hierher. Es herrscht eine brutale Preiskonkurrenz“, so Thekla Schwiese (48). Dabei legt das Ehepaar viel Wert auf den persönlichen Kundenkontakt, die Beratung und auf Serviceleistungen. „Aber auch wir müssen uns mit dem Internetverkauf ein zweites Standbein aufbauen.“

Ein weiteres Problem sei die heutige Situation im Ort: Die jüngeren Leute hätten keinen Ortsbezug mehr und kauften ihre Möbel daher „in diesen Riesenkästen, an denen sie mit dem Auto vorbeikommen“. Daher setzen die Schwieses vor allem auf ihre Stammkundschaft, die seit Generationen in ihr Möbelhaus kommt. „Die Älteren haben noch eine andere Denke. Die achten auf ihr Geld und wollen Qualität. Und die wissen aus Erfahrung, dass unsere Möbel 20 Jahre halten.“

Die Schwieses haben noch ein weiteres Standbein: Sie betreiben nebenan ein Bestattungsunternehmen. Ungewöhnliche Kombination? Volker Schwieses Erklärung klingt plausibel: „Das war früher gang und gäbe. Wer Schreiner war, war auch Bestatter. Denn wer Möbel bauen kann, kann auch Särge bauen.“ Zudem würden sich beide Branchen gegenseitig befruchten: „Wenn ein Ehepartner verstorben ist, dann muss oft eine neue Wohnung eingerichtet werden.“ Und Wohnungen einrichten möchte Volker Schwiese trotz aller Schwierigkeiten „bis zur Rente – vorausgesetzt, ich bleibe so lange fit.“