Hattingen. Junges griechisches Paar entfloh der Arbeitslosigkeit im eigenen Land - und gründete in der Altstadt eine Existenz.

Sie haben die „Glocke“ zum „Kaktus“ gemacht: Antonio Protopapas (29) und Dafni Koliou (27) zogen aus Griechenland nach Hattingen, um hier als Gastronomen ihr Geld zu verdienen. Denn in ihrer Heimat fanden sie außer 400 Euro-Jobs keine Arbeit. Wobei Hattingen für ­Dafni Koliou auch Heimat ist. Denn sie ist hier groß geworden.

Und hat sich für ihre Tochter Maria Krystallia (drei Monate) genau das gewünscht: „Die Schule, die Erziehung, die Kliniken sind hier besser als in Griechenland“, sagt Koliou, deren Vater in der Ruhrstadt das Restaurant „Takis“ geführt hatte.

Jetzt hilft er mit im „Kaktus“, Johannisstraße 4. „Er hat auch mit mir gestrichen“, sagt Ingenieur Protopapas, der wie Koliou in Griechenland schon Gastronomie-Erfahrung sammelte. Eine Wand riss das Unternehmerpaar ein, machte den Boden neu, die Räume sind hell und freundlich, Bilder von Kakteen hängen an den teils hell- und dunkelgrünen Wänden, die Geräte in der Küche sind erneuert, die Lautsprecherboxen ebenfalls. Namensgeber stehen auf den Fensterbänken. 100 Gäste finden draußen vor dem Haus und auf der Terrasse dahinter Platz, 160 Menschen fasst der Innenraum, in dem Protopapas auch eine Cocktailbar eingerichtet hat. Nudelgerichte, über zehn Salate finden sich auf der Karte, viele Vorspeisen, darunter gebratene Sardellen. Fleisch kommt vom Grill, es sind Fischgerichte im Angebot. Aber: „Wir sind Café, Bar, Restaurant, niemand muss essen“, betont Koliou. So ein Angebot habe in Hattingen immer gefehlt, erinnert sie sich zurück. „Wir sind immer nach Bochum oder Essen gefahren.“

Vier Monate wurde die Ex-Glocke umgebaut. Das Glocken-Schild draußen soll erst einmal bleiben. „Denn den Namen kennen die Menschen, das Haus ist die Glocke, wir haben aber einen neuen Namen gesucht, weil das Konzept jetzt ein ganz anderes ist“, sagt Koliou, die noch viele Freunde in Hattingen hat.

Protopapas hat in Windeseile Deutsch gelernt – nicht nur von seiner Frau, einer Deutschlehrerin, sondern „auch in Kursen an der Universität Bochum“. An die Hochschule möchten beide über kurz oder lang zurück, denn: „Unsere griechischen Abschlüsse werden hier nicht anerkannt, wir müssen noch mal zur Uni“, sagt Protopapas. Ihm gefällt es in Hattingen. „Es ist eine kleine Stadt, aber sie ist wie eine große in Griechenland, hier gibt es alles.“ Geöffnet hat Kaktus mo-fr 16-24 Uhr, sa, so 12-24 Uhr.