Hattingen. Großer Abschluss am Samstag auf dem Burgplatz nach anderthalbjähriger Zukunfts-Debatte: Katholische Kirche will künftig „näher an den Menschen“ sein.
„Was in den vergangenen Monaten passiert ist, ist revolutionär“, sagt Monika Siepmann, „und es war bitter nötig.“ Die engagierte Katholikin ist auf den Essener Burgplatz gekommen, um mit mehr als 1000 Menschen beim großen Abschlussfest der sechs Bistumsforen dabei zu sein. Sie waren Teil des Dialogprozesses, den die katholische Kirche 2011 ins Leben gerufen hat. Ein Auslöser für den breit angelegten Austausch waren die Missbrauchs-Skandale.
Anderthalb Jahre lang wurde diskutiert, darüber gesprochen, wie sie aussehen soll: die „Zukunft auf katholisch“. „Es gab keine Tabus“, sagt Generalvikar Klaus Pfeffer. Zu lange habe man die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen.
Zu dieser Wirklichkeit gehören auch die schrumpfenden Mitgliederzahlen. „In unseren Messen sitzen überwiegend alte Menschen“, konstatiert Pfeffer. Gerade die Jüngeren erleben Kirche als schwer zugänglich und sperrig.
„Wir brauchten dringend eine neue Perspektive“, sagt Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, „denn die Kirche ist in schweren Fahrwassern. Darum müssen wir unter völlig neuen Bedingungen Kirche sein, mit beiden Beinen auf dem Boden und nah bei den Menschen.“ Ein Beispiel dafür sei die Auflösung des klassischen Familienbildes. „Das müssen wir als Realität wahrnehmen und darauf reagieren.“ Als erstes Ergebnis des Prozesses hat das Bistum ihr Zukunftsbild mit neuen Adjektiven beschrieben: wach, wirksam, lernend und vielfältig soll die Kirche der Zukunft sein, nah bei den Menschen, die sie berühren will.
Doch was heißt das konkret? „Wir wollen zum Beispiel das ehrenamtliche Engagement stärker fördern“, sagt Pfeffer. Dazu gehöre auch, dass der Einsatz von Frauen mehr geschätzt und es ihnen leichter gemacht werde, in Führungspositionen zu gelangen. Zudem soll die Kirche offen sein für alle Menschen, ob getauft oder ungetauft, die vielleicht nur ab und zu den Kontakt suchen. Tolerant und mit wachem Blick will man auf die Randgruppen der Gesellschaft zugehen, aber auch Familien, familienähnliche Beziehungen, Kinder und Jugendliche im Auge haben.
„Wir werden jetzt dieses ausgearbeitete Zukunftsbild in die Gemeinden geben. Außerdem werden wir in kleinen Arbeitsgruppen die Themen diskutieren und weiterentwickeln“, so Domkapitular Michael Dörnemann, bischöflicher Beauftragter für den Dialogprozess. Der sei noch lange nicht abgeschlossen. „Aber wir sind auf dem richtigen Weg.“ Das glaubt auch Monika Siepmann: „Ich habe diese Art der offenen Auseinandersetzung auf Augenhöhe noch nie zuvor in der Kirche erlebt.“