Laut der alarmierenden Studie des Hannoveraner Pestel-Instituts sollen im Ennepe-Ruhr-Kreis bis zum Jahr 2035 knapp 11 000 barrierefreie Wohnungen für Senioren fehlen (wir berichteten). Dass es auf dem Wohnungsmarkt für Senioren eng werden wird und die „graue Wohnungsnot“ ausbrechen könnte, haben auch die 13 Wohnungsgenossenschaften und drei kommunale Großvermieter längst auf dem Schirm. Allein, das größte Hindernis auf dem Weg zum dringend erforderlichen Ausbau des Bestands ist auch längst ausgemacht. Investitionen in die mehr als 23 000 Mietwohnungen im Kreis kosten nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld. Pläne? Ja. Aber einen dreistelligen Millionenbetrag hat auch kein Vermieter auf der hohen Kante.

40 Prozent sind älter als 65

Henning Pohl, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungsunternehmen im Ennepe-Ruhr-Kreis, sagt es in aller Vorsicht: „Wir haben das Problem schon länger auf dem Schirm.“ Ein Patent­rezept – beispielsweise für die Voerder Wohnungsbaugesellschaft, deren Chef er ist, hat er auch nicht. Pohl weiß nur: „40 Prozent unserer Bewohner sind schon jetzt älter als 65 Jahre.“ Aber nur zehn Prozent des Wohnungsbestands sei mittlerweile barrierearm, hierbei in erster Linie die Erdgeschoss-Wohnungen.

Im Neubau „ist es selbstver­ständlich, dass man barrierearm baut, im Bestand ist das aber deutlich schwieriger.“ Zum einen, weil manche Vermieter praktisch keine Leerstände hätten – folglich aktuell auch nicht umbauen können. Zum anderen aus Kostengründen. Rampen, Handläufe, leicht betretbare Duschen: „Alle Unternehmen versuchen, Barrierearmut zu erreichen, aber jeder für sich im Rahmen seiner eigenen Baustrategie“, sagt Pohl. Einen Masterplan Seniorenwohnen sucht man im Kreis also vergeblich.

Punktuelle Modernisierungsprojekte

Punktuell tut sich dagegen eine Menge. Alexander Dyck, Chef der kreisweit aktiven Vermieters EN Wohnen, verweist beispielsweise auf Modernisierungsprojekte in Schwelm (Friedrich-Ebert-Straße oder Drosselstraße) .

„Wir investieren jeden Euro in den Bestand“, sagt Dyck. Natürlich habe man sich Barrierefreiheit auf die Fahnen geschrieben. Natürlich wisse man um den demografischen Wandel und die Folgen. „Aber auch Familien mit Kindern fragen solche Wohnungen nach“, so Dyck. Bei den konkreten Zahlen gibt es aber noch Luft nach oben.

Von 1476 Wohnungen im Bestand von EN Wohnen seien bisher erst 100 barrierearm. Das solle so nicht bleiben, „Wir sind ja erst 2010 gestartet“, so Dyck. „Unser Ziel: Mehr als 400 Wohnungen sollen bis 2016 barrierearm sein.“ Er wisse, dass etwa 70 Prozent der Mieter nicht nur seit vielen Jahren, teilweise sogar seit 40 oder 50 Jahren, unter dem Dach von EN Wohnen ein Zuhause gefunden hätten, „wir wissen auch, dass 90 Prozent der Mieter möglichst spät oder nie aus ihrer Wohnung ‘raus wollen“. Das Geld für den seniorengerechten Umbau regne aber nicht vom Himmel. ­Außer günstigen Darlehen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sei es schwer, Fördermittel ­etwa von Land oder Bund aufzu­treiben.

13 Genossenschaften im EN-Kreis

Das dürfte den 13 Wohnungsbaugenossenschaften und drei kommunalen Wohnungsvermietern – u. a. HWG und Gartenstadt Hüttenau – nicht viel anders gehen.

Der Wille ist (mittlerweile) da. Allein, es fehlen Zeit und Geld. Trotz der alarmierende Studie des Pestel Institutes: Große Sprünge sind beim Umbau kaum zu erwarten – eher schon kleine Schritte.