Seinen neuen Personalausweis hat seine Frau für ihn abgeholt, Murat Nurel selbst war mal wieder unterwegs. Von Berufs wegen. Der 44-Jährige arbeitet als Fernfahrer bei einer Dortmunder Spedition. Was seine nationale Identität betrifft, fühlt sich der gebürtige Türke dagegen nach über drei Jahrzehnten endlich wieder zu Hause. Hier, in Deutschland.

Als kleiner Knirps lebte Murat Nurel schon einmal in der Bundesrepublik, „mein Vater war einer der ersten Gastarbeiter“. Doch nach einigen Jahren zog dieser mit Frau und Familie zurück in die Türkei, in der Murat Nurel fortan lebte. Bis vor knapp vier Jahren seine Frau, eine Deutsche, schwer erkrankte und zurück in ihre Heimat wollte.

Als er hier angekommen war, sagt Murat Nurel, habe er gespürt, wie nahe ihm dieses Land sei. „Es geht ja nicht ums Blut dabei. Es geht um Kopf und Seele.“ Die Einbürgerung zum deutschen Staatsbürger war die logische Konsequenz.

Murat Nurel betont, er habe es in der Türkei „mehr als gut gehabt“. Mehrere Juwelierläden hatte seine Familie, er genoss den Strand und die Sonne in Istanbul, wo er lebte. Doch der 44-Jährige lässt auch kritische Töne über sein Geburtsland fallen. „Als Europäer ,manche Dinge’ zu verstehen, die zurzeit in der Türkei passieren“, sagt er im Verlaufe des Gespräches zunächst verhalten, „fällt mir sehr schwer.“ Ein anderes Mal nennt er die Politik von Erdogan, der vielen Türken ihr Selbstwertgefühl zurückgegeben habe, „krank“.

Er sei inzwischen ausgebürgert worden aus der Türkei, sagt Murat Nurel. Und: Es gebe frühere Landsleute, die ihn wegen seiner Einbürgerung zum Deutschen als Verräter beschimpfen. Ob es ihn trifft? Murat Nurel beantwortet diese Frage nicht direkt, sondern sagt: „Ich war dort ja nicht zu Hause.“