Hattingen. Erstmals ist die Zahl der Einbürgerungen wieder leicht angestiegen - auch im Ennepe-Ruhr-Kreis. 403 Menschen, 50 mehr als 2011, erhielten hier im Vorjahr einen deutschen Pass.
Zum Interview kommt Metin Sariyar einige Minuten zu früh; auf Pünktlichkeit legt der 38-Jährige großen Wert. Der gebürtige Türke findet, das sei eine „typisch deutsche Eigenschaft“. Was ihm umso mehr auffällt, wenn er Urlaub in der Heimat macht. Er genieße zwar jedes Mal die Zeit in Anatolien. Aber er sei auch jedes Mal froh, wieder daheim zu sein. Nach über drei Jahrzehnten Auslandsaufenthalt „fühle ich mich eher als Deutscher denn als Türke“.
Es war ein jahrelanger Prozess, bis Metin Sariyar bewusst geworden ist: Du wirst nie wieder dauerhaft in dein Geburtsland zurückkehren. Er hat es bei seinen Eltern erlebt, die 1979 mit der Familie aus Konya nach Deutschland kamen; der Vater hatte zunächst im Münchener Raum Arbeit in einem Holz verarbeitenden Betrieb, später bei den Krupp-Stahlwerken in Siegen gefunden. „Irgendwann gehen wir wieder zurück in die Türkei“, hätten seine Eltern stets betont, erinnert sich Sariyar. Noch heute, da der Vater längst in Rente ist, leben sie hier. Als Türken.
Metin Sariyar dagegen, der türkische genauso wie deutsche Freunde hat, der sich einen auch anderen Religionen offen gegenüberstehenden Muslim nennt und sich in diesem Land „voll integriert fühlt“, wollte nicht auf Dauer in einem gedanklichen Schwebezustand leben. Er wollte eine bewusste Entscheidung treffen: Da, wo ich leben will, da will ich auch voll und ganz dazu gehören.
Schon mit Anfang 20 ließ er sich erstmals Einbürgerungsunterlagen zuschicken. Doch damals spürte er: „Ich bin noch nicht bereit, meine Nationalität zu wechseln.“ Im Vorjahr unternahm er einen zweiten Anlauf. Seit dem 11. September nun ist er offiziell Deutscher: „Endlich kann ich wählen und mitbestimmen über die Politik des Landes, in dem ich seit über 30 Jahren lebe.“
Die Reaktionen in seinem Umfeld? „Alle haben sehr positiv reagiert“, erzählt Metin Sariyar – „sogar meine Eltern“. Und auch seine Frau – wie er aus der Türkei – „akzeptiert diesen Schritt voll und ganz“. Auch wenn sie bislang keine Deutsche werden will. Menschen, sagt der 38-Jährige dazu knapp, seien halt verschieden. Genau dies als Chance und nicht als Hindernis zu begreifen, wünscht er sich auch für das Zusammenleben der verschiedenen Nationen in diesem Land. „Vieles in Sachen Integration läuft hier noch zu verkrampft.“
Man könnte darüber noch stundenlang weiterreden, aber Metin Sariyar, der bei den Wittener Edelstahlwerken in der Produktion arbeitet, muss zum Dienst.
Er will nicht zu spät kommen.