Hattingen. Nur 88,1 Prozent der Erstklässler sind geschützt. Das WHO-Ziel wurde nicht erreicht. Das Gesundheitsamt des Ennepe-Ruhr-Kreises sieht Vorbehalte bei Eltern und Ärzten.
Sie kostet die Nutzer kein Geld. Sie einfach links liegen zu lassen im Extremfall die Gesundheit, mindestens aber Nerven: die Masern-Impfung. Weil im Kreis noch immer zu wenige von ihr Gebrauch machen, schlägt die Techniker Krankenkasse Alarm, hebt mahnend den Zeigefinger und pocht auf die Zielvorgaben der Weltgesundheitsorganisation WHO. Beim Kreisgesundheitsamt nimmt man das zur Kenntnis, plädiert aber eher für Besonnenheit denn Effekthascherei.
Für die Techniker Krankenkasse steht fest: Der Impfschutz gegen Masern der Schwelmer, Gevelsberger und Ennepetaler Kinder habe sich in den letzten Jahren zwar verbessert, sei aber noch lange nicht gut genug. Jüngst verfügten 88,1 Prozent der Erstklässler über einen vollständigen Schutz gegen Masern, 2007 habe die Quote nur bei 79,8 Prozent gelegen, beruft sich die Krankenkasse auf Zahlen des Landeszentrums für Gesundheit. Das Impfziel der Weltgesundheitsorganisation von 95 Prozent haben alle drei Städte aber verfehlt, so Andrea Kleinbreuer, Sprecherin der TK. Und: Diese Quote müsse erreicht werden, um Masern auszurotten.
Dr. Hans-Joachim Boschek, Leiter des Gesundheitsamtes für den EN-Kreis, wiederum verweist darauf, dass Masern durch die weltweite Kampagne der WHO schon 2010 ausgerottet und Geschichte gewesen sein sollten. Ein Ziel, das noch immer Zukunftsmusik sei. „Wir teilen das Anliegen grundsätzlich“, sagt Boschek. Gleichwohl seien „Masern in der Regel lange nicht so dramatisch wie Pocken“. Es stimme, der Kreis sei „relativ weit weg“ von den Zielvorgaben. Das sehe allerdings bundesweit nicht viel anders aus. Und plötzliche Ausbrüche von Masern, etwa in Kindergärten, die man daraufhin schließen müsse, habe er seit Jahren in der Region so nicht mehr beobachtet. Sehr wohl zur Kenntnis genommen hat der Mediziner aber die Vorbehalte gegenüber der Impfung gerade im Bereich gebildeter Eltern und bei anthroposophischen Ärzten, die sich intensiv mit dem Instrument der Impfung auseinandersetzten. „Die einen sehen Masern als ganz normalen Reifungsprozess, durch den Kinder durch müssen“, so Boschek. Andere sähen die Interessen der Pharma-Industrie als Motor hinter den Impfungen.
Im Regelfall gehen Masern gut aus
Sicher ist, „dass Masern im schlimmsten Fall zu Hirnhaut- oder Lungenentzündungen führen können. Im Regelfall gehen sie aber gut aus“, mahnt der Mediziner zur Besonnenheit. Er kann empfehlen, Vorsorgeuntersuchungen für Kinder ernst zu nehmen und den Kinderärzten zu vertrauen, wenn es um die Fragen rund um das Thema Impfung gehe. Selbst, wenn die Masern noch so glimpflich ablaufen, macht ein krankes Kind das Leben berufstätiger Eltern nicht eben leichter.