Hattingen. . Hattingen historisch: Heimatfreund Gerhardt Wojahn berichtet vom Leben an der Johannisstraße

Die Ritter des Grafen von Berg hatten im Jahre 1424 die Stadt Hattingen und das Gotteshaus niedergebrannt. Zwei Jahrzehnte danach war die Kirche im gotischen Stil auf dem Kirchplatz wieder aufgebaut.

Vor mehreren hundert Jahren kamen die Bewohner aus der Bauernschaft Welper durch das Heggertor und über die Johannisstraße zum Gottesdienst in die Altstadt. Auf dem letzten Stück des Weges blickten die Kirchgänger über die Fachwerkhäuser hinweg auf den Kirchturm, wie es das Foto aus dem Jahr 1925 darstellt.

Die klimatischen Verhältnisse im Mittelalter machten es möglich, bei der in dieser Gegend bestehenden Wärmeperiode Wein anzubauen. Das Anbaugebiet war das Gelände des späteren Wohnviertels Horst. Es grenzte bis an die Heggerstraße, schloss die gesamte Johannisstraße ein und endete am Kühlken. Günstiges Klima im 13. und 14. Jahrhundert ließ den Wein für das Hattinger Kellergut gedeihen.

Goldschmids Haus

Ewert Goldschmid ließ im Jahr 1605 an der Johannisstraße/Ecke Emsche ein großes, breites Fachwerkhaus errichten. Man nannte es „Goldschmids Haus“. Die Chronik besagt, dass der Familienname des Häuslebauers von seiner beruflichen Tätigkeit abgeleitet wurde. Das zünftige Handwerk als Goldschmied verstand er, sein Geschäft florierte. Entsprechend dem Wohlstand war sein Haus gepflegt. Als stolzer Eigentümer ließ er einen schmuckvollen Balken anfertigen und in der Hauswand neben der Tür einbauen. „Behut mich Her vur Fewr und Brand in Goldschmidshaus bin ich genandt“ war in bunten Buchstaben kunstvoll ins Holz geschnitzt. (Übersetzt: Behüt mich Herr vor Fieber und Brand, in Goldschmidshaus bin ich genannt). Sein Haus war einst aufgrund der Bauweise ein Schmuckstück. Leider musste es 1950 wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Das Grundstück auf dem einst das Haus stand bietet jetzt Parkmöglichkeiten. Goldschmieds Balken befindet sich im Stadtmuseum, Marktplatz 2.

Lichtspielhaus Glocke

Im Jahre 1907 gründete Gustav Drenhaus im Hause Johannisstraße Nummer 4 das erste Hattinger Kino, er nannte es „Lichtspielhaus Glocke“. Auf der fast hundert Jahre alten Einladung ist zu lesen: Heutige Vorführung: „In Nacht und Eis“, Katastrophenfilm vom Untergang der Titanic, 1912. Programmanfang 7 Uhr. 1937 wurde der Kinobetrieb in die neue Lichtburg an der Heggerstraße verlegt.

In der „Glocke“ gastierte eines Abends im Jahr 1947 der Schauspieler Heinz Erhardt auf einer Tournee durch das Ruhrgebiet. Er war ein Komiker, der alle zum Lachen bringen konnte. Mit seinen Scherzen „und noch’n Gedicht“ und „Möge der Himmel seine Geigen über alle Glücklichen ausschütten“ eroberte er schnell das Hattinger Publikum.

Das Gebäude Nummer 6, Haus Mammat, musste im Zuge der Stadterneuerung und –sanierung abgerissen werden, weil es der Zufahrt zum Parkplatz am Obermarkt im Wege stand.