Hattingen. . DRK eröffnet neues Therapiezentrum als einzige Anlaufstelle für Betroffene im EN-Kreis. Zur Behandlung gehören Bewegung, Spiele und das Üben von Regeln
An der Wand lehnen grüne Matten, am Rand steht ein Trampolin. Außerdem gibt es große Spielklötze und eine Balancierwippe. Der Bewegungsraum des neuen Autismus-Therapiezentrums wartet nur darauf, dass sich junge Patienten darin austoben. Jetzt geht es dort los mit der Arbeit.
Insgesamt 120 Quadratmeter groß sind die Räume in dem Gebäude an der Ecke Sonnenschein/Lerchenstraße in Witten. Mehrere Therapieräume und eine Lernküche stehen zur Verfügung. Frisch renoviert ist alles. Das neue Autismus-Zentrum ist das einzige im EN-Kreis – und verringert die Wege für die Betroffenen, die zuvor nach Wuppertal, Hamm oder Dortmund fahren mussten, erheblich.
Verbesserte Diagnosemöglichkeiten
Die Zahl der an Autismus erkrankten Menschen steige stetig, „weil sich die Diagnosemöglichkeiten verbessert haben“, erklärt Diplom-Sozialpädagogin Kerstin Mettig, die zuvor in der Autismus-Ambulanz Hamm arbeitete und nun das Wittener Zentrum leitet. Etwa 80 Autisten kämen auf 100 000 Bürger, ergänzt DRK-Geschäftsführer Thomas Voß. 15 Anmeldungen für das neue Zentrum gab es schon vor dem Start. Mit Kerstin Mettig werden sich noch ihre beiden Teilzeitkolleginnen Dulce Costa und Catrin Ocken um die Patienten kümmern.
Betreut werden vorwiegend junge Menschen von drei bis 21 Jahren, aber auch Erwachsene. Im Durchschnitt bekommen sie zwei Stunden pro Woche als Leistung von den Krankenkassen bewilligt. Die Therapien richten sich an alle Formen von Autismus, einer Entwicklungsstörung, die nicht heilbar ist. „Es gibt drei Kernsymptome“, erklärt Kerstin Mettig, die mal Kinderkrankenschwester mit Schwerpunkt Neurologie gelernt und sich bereits als Teenager ehrenamtlich in der Behindertenhilfe ihrer Gemeinde engagiert hat.
Probleme in der Kommunikation etwa äußern sich durch Schwierigkeiten, ein Gespräch beginnen zu können. „Oft fehlen Wörter“, sagt die 32-Jährige, „oder Sprichwörter werden wörtlich verstanden.“ Weil sich der Betroffene nicht richtig mitteilen könne, reagiere er oft aggressiv. Störungen in der Wahrnehmung seien ein weiteres Symptom, also unterschiedliche Empfindungen von Hitze und Kälte oder Lautstärke. Außerdem, so die Leiterin, haben Autisten ein eingeschränktes Verständnis von sozialem Miteinander. „Ein Rempler im Schulflur kann zum Riesendrama werden.“
Natürlich gehört nicht nur das Austoben zur Therapie. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die helfen. So verhindere ein abgeklebter Arbeitsbereich auf dem Tisch in der Schule etwa, dass ein Kind sich ausbreitet. Pläne mit bunten Bildern strukturieren den Tagesablauf. Bei Gesellschaftsspielen wiederum üben die Kinder, Regeln einzuhalten und auch mal verlieren zu können. Erklärtes Ziel sei es, so Mettig, Familien zu befähigen, im Alltag ohne Hilfe klarzukommen.