Hattingen. . In der Kreisleitstelle werden täglich im Schnitt 165 Anrufe angenommen. Die Disponenten müssen vor allem Ruhe bewahren. Sie entscheiden darüber, wie viele Einsatzkräfte helfen sollen. Dabei gibt es Fälle, die man nie vergisst.

„Krankentransport, Leitstelle Ennepe-Ruhr-Kreis“, Thomas Baumgarts Stimme ist ganz ruhig. Fünf Bildschirme leuchten vor seinen Augen. Seine Hände gleiten über eine schwarze Tastatur, mit der Maus klickt er sich durch den Status der Rettungsfahrzeuge, deren Standort und die Anzahl der freien Betten in den Krankenhäusern des Kreises.

Thomas Baumgart ist seit zehn Jahren Disponent im Tagesdienst der Kreisleitstelle in Schwelm. Er nimmt Notrufe an und leitet sie weiter. Im Schnitt dauert dies 1,28 Minuten. Am Ende reicht ein einfacher Klick auf ein graues, viereckiges O.K.-Zeichen, das auf einem der Bildschirme angezeigt wird, und die ganze Maschinerie setzt sich in Gang. Je nach Ort, schwere und Art des Notfalls werden die zuständigen Rettungsdienststellen benachrichtigt, ein Notarzt wird geordert und die Feuerwehr verständigt. Alle Notrufe im Ennepe-Ruhr-Kreis, auch die Hattinger, kommen in Schwelm an. Durchschnittlich 165 am Tag.

2005 wurde die Kreisleitstelle für insgesamt rund zwei Millionen Euro kernsaniert. Hauptkostenfaktor: die Technik. „Und vor allem die Sicherung der Technik“, sagt der Hattinger Frank Schacht, der seit zehn Jahren Chef der Kreisleitstelle ist. „Man muss uns immer anrufen können“, erklärt er. Deswegen gibt es Notstromaggregate, Batterien, zwei Serverräume, Ersatztelefone und viele Sicherungen mehr. „Es ist noch nie vorgekommen, dass wir nicht erreichbar waren oder nicht alarmieren konnten“ , sagt Schacht nicht ohne Stolz.

Der Ablauf wird dabei immer weiter optimiert. Es reicht ein Stichwort des Disponenten - wie zum Beispiel „Wohnungsbrand“ - und der Computer schlägt automatisch die dafür vorgesehenen Einsatzkräfte vor. „Dann wird entschieden, ob zusätzliche Mittel nötig sind“, sagt Schacht.

Insgesamt gibt es sechs Disponenten-Plätze. Vier zusätzliche, so genannte Überlaufplätze, können bei besonderen Notlagen ebenfalls genutzt werden. „Da fällt mir sofort der Orkan Kyrill ein. Mehrere 1000 Anrufe gingen damals ein“, berichtet Schacht.

Fälle, die man nie vergisst

Auf Thomas Baumgarts Platz liegen Menthol-Bonbons und eine Packung Kaugummi. Eine rote Kaffeetasse steht daneben: „Alles zur Beruhigung.“ Denn Baumgart muss gelassen bleiben. „Wir sprechen mit Personen, die oft komplett überfordert sind“, erklärt er: „Ich muss mir aber ein genaues Bild machen, damit ich die richtigen Kräfte zum Notfallort schicke.“

Dabei hat Baumgart schon viel erlebt: persönliche Schicksale, dramatische Situationen. Manche Fälle gehen ihm nie aus dem Kopf. „Es hat mich ein Mann angerufen, die sich umbringen wollte, und es sich dann anders überlegt hat.“ Über eine Stunde hat Baumgart mit ihm telefoniert. „Er war irgendwo auf einer Landstraße und es war ganz schwer herauszufinden, wo er sich befindet.“ Am Ende half eine vorbeifahrende Person, die den Standort sagen konnte. „Ich habe auch schon mal jemanden von der Brücke geholt“, erinnert sich Baumgart an einen weiteren Fall. „Der Rettungsdienst sollte im Nachhinein sogar Danke sagen.“ Der Mann sei also froh gewesen, dass er sich nicht umgebracht hat: „So etwas bleibt in Erinnerung.“