Hattingen. Krakau-AG der Marie-Curie-Realschule gedenkt den jüdischen Opfern des NS-Terrors.

68 Jahre ist es her, dass die Rote Armee in den letzten Zügen des Zweiten Weltkriegs das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreite. Zu einer Gedenkfeier lud die Marie-Curie-Realschule ins Schulzentrum an die Lindstockstraße nach Holthausen ein. Schulleiter Jürgen Ernst warnte zunächst vor dem Vergessen. „Manche Menschen meinen, dass nach fast 70 Jahren Schluss sein müsste mit dem Erinnern. Das ist ein fataler Irrtum.“

Geschichtslehrer Dorian Golla nutzte die Gedenkfeier um die Krakau-AG vorzustellen. „Wir hatten in der Fachschaft Geschichte überlegt, wie wir das Thema am besten aufbereiten und vermitteln könnten“, erzählt Golla. So sei schließlich die Idee entstanden, jedes Jahr mit einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern in die polnische Stadt Krakau zu reisen, das KZ in Auschwitz zu besichtigen und sich an die Wurzeln deutsch-polnischer Geschichte zu begeben.

Waren es vor dem Zweiten Weltkrieg noch etwa 70 000 Juden, die in Krakau lebten, so gebe es in der Stadt heute nur noch knapp 200. Insgesamt hätten die Nationalsozialisten rund 95 Prozent der polnischen Juden getötet. Dorian Golla: „Uns war klar, dass dies ein sehr heikles Thema ist. Daher bereiten wir die Schüler in der AG mehrere Monate auf den Besuch vor.“ Schwerpunkte des Schulprojekts sind die Auseinandersetzung mit der jüdischen Geschichte, aber auch der Abbau von Vorurteilen, die teilweise noch heute existieren, so der Lehrer. 30 Zehntklässler werden im Oktober mit dem Schulprojekt in die südpolnische Stadt fliegen. „Eine beachtliche Zahl von Schülern, die sich aktiv für das Thema interessieren“, findet Golla. Wie sehr sich die Schüler der Krakau AG mit dem Holocaust bereits auseinandergesetzt haben, zeigt nicht nur die Auschwitz-Ausstellung, die sie im Keller der Marie-Curie-Realschule eingerichtet haben. Einige Schüler der AG hielten gemeinsam bei der Gedenkfeier eine Rede über die grausamen NS-Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs.

Auch Stadtarchivar Thomas Weiß gedachte in einem Vortrag der zahlreichen Opfer des Holocaust. Weiß wies außerdem darauf hin, dass der NS-Terror nicht nur weit entfernt war, sondern dass es auch in Hattinger rund 100 Lager gab, in denen tausende Zwangsarbeiter oder ausländische Kriegsgefangene unter menschenunwürdigen Zuständen untergebracht waren. „Und das teilweise sogar in der Stadtmitte, wo alle es sehen konnte.“ Auch wenn die Nationalsozialisten gerne das Bild des ausländerfreien Deutschland propagierten: „Zwischen 1939 und 1945 war etwa jeder Vierte in Hattingen Ausländer“, so der Stadtarchivar.