Hattingen. Im Haus Theresia und Café Sprungbrett existiert seit einem halben Jahr ein bislang einmaliges Suchtprojekt. Das Besondere: Es werden Ältere therapiert.

Suchtkrank wird man nur in jungen Jahren. Im Alter kann man mit Alkohol umgehen. Diese vorherrschende Meinung stimmt nicht. Auch ältere Menschen sind suchtgefährdet. Aus diesem Grund haben das Café Sprungbrett, das Haus Theresia und Bethel vor einem halben das Projekt Amitas ins Leben gerufen. Das Ziel: Suchtkranken Senioren eine Struktur geben und sie wenn möglich in die Abstinenz führen.

Wenn im Alter die Kinder aus dem Haus sind, der Partner möglicherweise verstorben ist und man nicht mehr arbeiten geht, vereinsamen manche Menschen. „In der Einsamkeit sind dann Alkohol oder auch Medikamente eine scheinbare Hilfe“, sagt Peter Dresia vom Café Sprungbrett. Für ihn sind abhängige Senioren immer noch ein Tabuthema: „Das wir brechen müssen, denn durch den demografischen Wandel wird das Problem immer größer.“

Das Projekt Amitas soll helfen. „Zunächst wohnen die Menschen in einer Wohngemeinschaft hier im Haus“, sagt Yvonne Noellen vom Haus Theresia. Vier von fünf Plätzen sind derzeit besetzt. Der jüngste WG-Bewohner ist 58, die Älteste ist 81 Jahre alt. „Eine Frau mit Power ohne Ende“, sagt Dresia.

Am Tag bekommen die Senioren ein individuelles Förderangebot, je nach gesundheitlicher Lage. „Wir haben unterschiedliche Bewohner. Die einen leben seit vielen, vielen Jahren mit ihrer Sucht, die anderen sind erst im Alter alkoholkrank geworden“, sagt Dresia: „Deswegen sind die Ziele unterschiedlich.“ Bei langjährig Süchtigen, bei denen jede Therapie gescheitert ist, soll die Lebensqualität gesteigert werden und der Alkoholkonsum auf ein Minimum gesenkt werden. Bei den Bewohnern, die erst im hohen Alter in die Sucht geraten sind, ist das Ziel die Abstinenz. „In Einzelfällen gelingt möglicherweise sogar wieder der Umzug in die eigenen vier Wände“, sagt Dresia.

Seit einem halben Jahr läuft das Projekt. Die Erfahrungen sind bislang gut. „Unsere vier Senioren blühen wieder auf“, sagt Yvonne Noellen: „Zwei trinken dauerhaft keinen Alkohol mehr.“

Aufgrund der vielen Anfragen ist eine zweite Wohngemeinschaft bereits in Planung. Die Altersuntergrenze von 50 Jahren ist, laut Peter Dresia, flexibel: „Wir haben schon Bewerbungen von Anfang 40-jährigen. Wenn es passt, können wir auch sie aufnehmen.“

Nicht nur für suchtkranke Senioren ist das Projekt eine Hilfe, auch für die Gesellschaft lohnt es sich. „Die Kosten für einen Platz sind immer noch geringer, als in einem Altersheim“, sagt Noellen.