Hattingen. Frauen jeden Alters mit unterschiedlichen Kenntnissen frönen in der „Maschenprobe“ einer neuen Woll-Lust, die nichts mit Oma- oder Öko-Look an der Mütze hat.

Zwei Hände ziehen eine Mütze auseinander. Eine junge Frau hat ihr selbst gestricktes Exemplar in Grün gleich auf dem Kopf behalten. Andere haben gerade ein paar Reihen auf den Nadeln, schauen sich gegenseitig über die Schulter, geben Tipps und unterhalten sich angeregt bei Kaffee und Tee – beim Stricktreff im Wollgeschäft Maschenprobe an der Johannisstraße.

Andrea Johanna Rösner hat sich letztes Jahr selbstständig gemacht mit „Yoga für die Seele“. Diese Empfindung hat die 43-Jährige: „Wenn das Garn durch meine Finger gleitet und die Nadeln klappern, ist jede Masche Freude, Freiheit und Glückseligkeit.“ Sie hat schon immer gern gestrickt, sich an Oma und Mutter orientiert, die ständig strickten, häkelten und stickten. Und inzwischen selbst mehr als 35 Jahre Erfahrung damit, die Nadeln klappern zu lassen.

Nach über 25 Jahren in der Gastronomie hat sie ihr Hobby zum Beruf und sich selbst mit Wolle der Marke Lana Grossa selbstständig gemacht. Mit dem Namen ihres Geschäftes steigt sie nicht nur mitten ins Thema ein, sondern will auch dazu animieren, eine Maschenprobe zu machen. Wer früher noch Handarbeitsunterricht hatte, erinnert sich vielleicht an das Mini-Quadrat. Zu klein für einen Topflappen, aber Garant dafür, dass der Pullover aus edlem Garn später nicht wie ein zu großer nasser Sack an der Trägerin hängt. Selbst wer die angegebene Wolle verstrickt, Nadeln in der richtigen Stärke verwendet: Die eine strickt locker, die andere fest – und schon verschieben sich die Größen.

Mit einem Pullover muss niemand starten. Neulingen an der Nadel empfiehlt Andrea Johanna Rösner, einen Schal zu stricken oder eine Mütze zu häkeln. Die Frauen beim monatlichen Stricktreff sind unterschiedlich alt und bringen unterschiedliche Kenntnisse mit, aber viel Spaß daran, ihre Kreativität gemeinsam auszuleben. Der Abend ist auch für die Veranstalterin immer spannend: „Ich weiß nie, wer und wie viele kommen.“ Eine Anmeldung ist nicht nötig, die Zusammenkunft kostenlos. Zahlen muss nur, wer später einen Kurs „Stricken lernen für Anfänger“ oder auch für Wiedereinsteiger besucht oder die Finger fliegen lässt, um individuelle Teile mit Wintermustern herzustellen. Bei der Gelegenheit räumt die 43-Jährige auch gleich mit dem Vorurteil auf, Stricken sei nur etwas für die kalte Jahreszeit. Sie schwärmt vom Seidigem und Bändchengarn für den Sommer. Mit Oma- oder Öko-Look hat die neue Woll-Lust nichts zu tun. Sie erfasst auch schon Dreizehnjährige. Oder, bisher selten, einen Mann, der seinem Hund ein Mäntelchen gemacht hat.