Hattingen. . Zum Fest der Liebe herrscht Gewalt im Heiligen Land. Die Pfadfinder erinnern daran.

Besinnlich und zugleich bitter brennt das Licht der Kerzen, das die Bredenscheider Pfadfinder in der Kirche St. Mariä Empfängnis in der Jugendmesse verteilen. Es sind keine normalen Flammen, sondern es ist das Friedenslicht. Ganz behutsam hält die zehnjährige Karolina die Kerze in ihren Händen. Das Licht steht für den Frieden. Allerdings: Es wurde in Palästina entzündet, wo kriegerische Konflikte herrschen.

Bei den Nachbarn von Tür zu Tür

Einen langen Weg hat diese kleine Flamme also hinter sich: Rund 3600 Kilometer reiste sie von Bethlehem nach Bredenscheid. Traditionell wird das Friedenslicht am dritten Adventswochenende in der Geburtsgrotte Jesu Christi in Palästina vom Österreichischen Rundfunk entzündet und an Pfadfindergruppen aus 25 Ländern in Europa weitergegeben. Als die brennende Kerze in Wien ankam, haben deutsche Pfadfinder ihre Lichter angezündet und in 30 Städte in Deutschland weiter verteilt. Die Hattinger Pfadfindergruppen empfingen das Licht schließlich in Essen. Jetzt ist es in Bredenscheid angekommen.

„Wenn wir es betrachten, denken wir an die Unruhen in Palästina, an die schlimmen Konflikte dort“, sagt Besucher Martin Labisch (50). „Leider herrscht in dem Land, aus dem das Friedenslicht kommt, kein Frieden.“ Deshalb muss umso mehr darauf aufmerksam gemacht werden. Nach der Messe geht Martin Labisch mit seiner Frau Petra und seiner Tochter Karolina (10) in der Straße von Tür zu Tür und verteilt das Licht an die Nachbarn. „Früher auch an Verwandte, die im Krankenhaus lagen oder im Altenheim lebten. Das machen wir jedes Jahr so, es ist schön, anderen etwas aus dem Heiligen Land zu bringen.“ In der eigenen Wohnung zündet Familie Labisch weitere Kerzen mit dem Friedenslicht an, auch im Garten. „Beim Abendessen brennt eine Kerze auf unserem Tisch.“ Manchmal schaffen sie es, eine Kerze über mehrere Tage brennen zu lassen. „Draußen in einem geschützten Windlicht.“

Doch nicht weit weg

Und während es langsam und lautlos brennt, leiden die Menschen in Palästina und Israel unter den schrecklichen Zuständen. In der Messe sind aufgenommene Nachrichten aus dem Radio zu hören: Anschläge werden gemeldet, die Zahl der Toten wird genannt. „Und trotzdem scheint das alles weit weg zu sein, meine Freunde und Nachbarn sind nicht davon betroffen“, spricht Pfadfinderin Janina Keßler (23), „doch dann frage ich mich, wie es mir gehen würde, wenn ich nicht hier in Hattingen leben würde, sondern dort. Hier gibt es keine Mauer, hier kann ich mich mit Menschen treffen, ohne darüber nachzudenken, welcher Volksgruppe sie angehören. Und plötzlich denke ich, so weit ist das Ganze doch nicht weg – vor mir steht dieses Licht, das aus Bethlehem den langen Weg bis hierher zu uns gekommen ist.“