Hattingen. Die Zahl der Internetsüchtigen, die tagtäglich viele Stunden vor dem Computer hocken, steigt seit Jahren stetig an. Versagen im echten Leben wird in der virtuellen Welt ausgeglichen, zugleich aber auch durch das Internet-Verhalten verursacht. Ein Teufelskreislauf. Männer sind besonders betroffen.
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Klick. Irgendein Freund online?
Klick. Ab zu World of Warcraft.
Das Internet ist präsent – immer und überall. Und gar nicht mehr selten, wird es zur Sucht. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, mahnte jetzt die exzessive Internetnutzung an. 560 000 der 14- bis 64-jährigen Deutschen seien bereits süchtig, 2,5 Millionen gefährdet.
Auch an Hattingen geht das Problem nicht vorbei. Die Zahl der Eltern, die sich an die Suchthilfe der Caritas Hattingen/Sprockhövel wenden steigt. „Es werden immer mehr“, bestätigt Sozialpädagogin Yvonne Hahn. Betroffene selbst wenden sich aber selten an die Berater. „2011 haben sich drei Leute gemeldet“, so Hahn. Dass Hinweise aus dem Umfeld kommen, kennt auch Robert Bosch, Dipl.-Sozialarbeiter beim sozialpsychiatrischen Dienst des Ennepe-Ruhr-Kreises: „Die Jobcenter schicken uns die Leute, die psychisch auffällig sind“, erklärt er.
Die Symptome
In der Regel ist die Internetsucht selbst nicht offensichtlich. In ihrem Verhalten ähneln die Abhängigen aber Alkoholikern, weiß Bosch: „Die tun so, als hätten sie alles im Griff, haben sie aber nicht.“ „Gefährlich wird es, wenn plötzlich andere Interessen nicht mehr wichtig sind und sogar Freunde vernachlässigt werden“, beschreibt Yvonne Hahn. Erste Anzeichen, die Bosch beobachtet, sind Motivationsmangel, Schlafstörungen oder Unzuverlässigkeit. „Sie verpennen Termine immer wieder und schaffen selbst simple Maßnahmen im HAZ nicht.“
Die Betroffenen
Betroffen sind vor allem junge Männer, berichten Hahn und Bosch. „Das sind bei uns bestimmt 80 Prozent. Sie haben oft keine Erfolge im Sozialleben, sind Außenseiter. In Rollenspielen und Chats ist es aber viel einfacher zu kommunizieren und Erfolge zu erzielen“, berichtet die Sozialpädagogin. Und Robert Bosch ergänzt: „Die können am Computer alles, aber im Leben nichts.“ Im Hintergrund sieht Bosch so gut wie immer Eltern, die überfordert sind: „Die Eltern wissen in den allermeisten Fällen nicht, was ihre Kinder da tage- und nächtelang am PC machen. Und keiner der Jugendlichen scheint erfolgreich für Schule und Arbeiten als Weg zur Selbstständigkeit begeistert worden zu sein.“
Die Therapie
Ist das Kind in den Brunnen gefallen, ist die Therapie kein leichter Weg. „Ein Alkoholiker kann sagen: ‘Ich trinke nie wieder Alkohol’, aber das Internet ist - nicht zuletzt durch die Smartphones - immer im Alltag präsent. Deshalb ist es wichtig zu lernen, wie man es gesund nutzt“, erklärt Yvonne Hahn. Robert Bosch will die Ursachen des Problems bekämpfen und setzt auf die innere Aufwertung, den Aufbau des Selbstvertrauens.
Als Krankheit ist die Internetsucht bisher nicht anerkannt. Die Bundesdrogenbeauftragte Dyckmans fordert aber, dass nun durch weiterführende Studien die Grundlagen dafür geschaffen werden.