Hattingen. Im Rahmen seiner Reihe „Hattingen historisch“ beschäftigt sich unser Autor Gerhard Wojahn heute noch einmal mit dem Altstadtviertel Horst.
Vor rund 800 Jahren wurde von der Benediktinerabtei Deutz in Hattingen ein „Kellergut“ eingerichtet. Die klimatischen Verhältnisse im Mittelalter machten es möglich, bei der bestehenden Wärmeperiode Wein anzubauen. Das Anbaugebiet in Hattingen war das Gelände des späteren Wohnviertels Horst. Es grenzte bis an die Heggerstraße, schloss die gesamte Johannisstraße ein und endete am Kühlken. Günstiges Klima im 13. und 14. Jahrhundert ließ den Wein gedeihen.
Im 15. Jahrhundert hatten die Kriege Hattingen niedergebrannt und zerstört, hinzu kam eine allmähliche Klimaverschlechterung. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde aus dem Weinberg ein Wohngebiet (Quelle: Dr. Ulrich Drenhaus, Der Hattinger Weingarten).
Kaum jemand kann sich noch an dieses heimelige, malerische Viertel erinnern. Das große Foto zeigt den Blick vom Osten auf das Zentrum des Wohnquartiers im Jahr 1900. Vor dem Hause Nr. 5 verläuft die Gasse rechts hinauf zur Stadtmauer (Graben, jetzt Augustastraße).
Haupthaus des Kellerguts
Horst Nr. 7 um das Jahr 1900, das Haupthaus des Kellerguts: Die zwei großen Fachwerkhäuser mit den Hausnummern 7 und 9 waren einst die Haus- und Hofstelle des Kellergutes.
Die Kinder spielen im Mittelpunkt des Wohnviertels. Der links abbiegende Verbindungsweg führt zum Lichtspielhaus Zur Glocke. Das Mädel auf dem nächsten Bild steht in der Gasse zur oberen Johannisstraße.
Wie schön wäre es doch, wenn das kleine, gerade einmal 14 Haustüren umfassende, abgeschlossene Wohnviertel Horst heute noch bestünde oder wieder aufgebaut worden wäre. Mit etwas Fantasie könnte ich mir vorstellen, einmal als Gast in einer Weinstube im Obergeschoss des Kellergutes zu verweilen und einen edlen Tropfen, natürlich ein Hattinger Erzeugnis, zu kosten und dabei über die Dächer der Altstadt hinweg auf den Kranz der umliegenden Berge zu schauen.
Was mir bei diesem Gedanken so vorschwebt, zeigt mein Foto aus dem Jahr 1956. Das Gelände mit dem Buschwerk im Vordergrund gehörte zur Horst. Am Horizont (von links nach rechts: Schulenberg und Hansberg, rechts des Kirchturms der Homberg; am linken Bildrand: Realschule Grünstraße im Bau, rechts das Kohlekraftwerk Gemeinschaftswerk).