Hattingen. . Der Holthauser Bernhard Delseith war einer von neun Menschen in Deutschland, die sich 2003 mit SARS angesteckt haben. Er hat die Krankheit gut überstanden.
Mehr als neun Jahre ist es her, dass Bernhard Delseith nach einer Reise nach Asien an SARS erkrankte. Der Hattinger Rentner war einer von neun Menschen in Deutschland, die sich ansteckten. Hat sich sein Leben nach dieser Erfahrung verändert? „Ich habe auch danach weitere Reisen unternommen“, sagt der heute 80-Jährige mit einem Lächeln. Vom asiatischen Raum habe er sich aber erst einmal ferngehalten und schließlich seien er und seine Lebensgefährtin doch nach Myanmar gefahren. Bei ihren anschließenden Reisen hätten sie die Gesundheitsvorsorge noch genauer genommen als früher schon und sich „peinlichst genau geschützt“.
Die Ärzte meinten, er müsse sich in Singapur oder im Flugzeug mit SARS infiziert haben. Denn, wie er später erfuhr, saßen außer ihm noch drei weitere Passagiere in der Maschine, die später Anzeichen der gefährlichen Lungenerkrankung zeigten. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin ist der studierte Elektrotechniker viel gereist. Im Februar und März 2003 hatten sie eine Gruppenreise durch Vietnam gemacht und danach drei tage in Singapur verbracht. Kurz nach ihrer Rückkehr machten sich bei dem damals 71-Jährigen erste Symptome bemerkbar. „Ich bekam Schüttelfrost, wie ich ihn noch nie erlebt hatte“, erinnert er sich heute.
SARS beherrschte die Medien
Da das Thema SARS zu diesem Zeitpunkt bereits die Medien beherrschte, machte er sich schon Gedanken darüber. Schließlich entschloss sich der Holthauser seinen Hausarzt aufzusuchen. „Entweder habe ich eine Lungenentzündung, Malaria oder SARS“, habe er damals zu ihm gesagt, allerdings noch halb im Spaß, so erzählt er.
Als die verschriebenen Medikamente keine Wirkung zeigten, entschied er sich ins Krankenhaus zu gehen. Seiner Lebensgefährtin hatte er geraten zu Hause zu bleiben. Sie kam dennoch und brachte ihn ins Krankenhaus. Dort sorgte sein Fall für Aufruhr: „Als die Ärzte hörten, dass ich Fieber hatte und aus Vietnam kam, sind sie gleich wieder verschwunden und kamen angezogen wie Raumfahrer zurück.“ Delseith kam zunächst auf die Isolierstation und wurde spät abends von dort in die Lungenklinik in Hemer verlegt, wo es eine Einzelablüftung gab. Auch seine Lebensgefährtin musste in Quarantäne. Außerdem sechs weitere Menschen, die mit ihm in Kontakt gekommen waren, darunter sein Hausarzt, die Arzthelferin und andere Patienten, die zufällig im selben Wartezimmer gesessen hatten. Weitere 22 Personen wurden unter Beobachtung gestellt. Niemand steckte sich an.
Lange vor der Bestätigung, dass es tatsächlich SARS war, konnte Delseith Berichte über seinen Gesundheitszustand in den Medien verfolgen. Von der teilweise entmutigenden Berichterstattung über den tödlichen Verlauf bei anderen, ließ der Hattinger sich nicht beeindrucken: „Ich wusste zwar nicht, ob ich das Krankenhaus lebend verlassen würde, aber ich habe mich nie so schlecht gefühlt, dass ich dachte, ich schaffe es nicht.“ Erst 10 Tage nach seiner Krankenhauseinweisung kam die endgültige Bestätigung. Zu diesem Zeitpunkt ging es dem Patienten bereits deutlich besser. „Ich hab das gut überstanden und nach etwas über drei Wochen bin ich dann entlassen worden“, erinnert sich der 80-Jährige. „Ich glaube ich habe ein ziemlich starkes Immunsystem.“
Neuseeland wurde storniert
Trotz allem erinnert sich Bernhard Delseith gern an seine Reisen. „Meine Lebensgefährtin hat immer die Zeitung gewälzt und Angebote herausgesucht“, erzählt er. Vom Alter ließen sich die beiden nicht aufhalten, doch vor etwa zwei Jahren meinte Delseith, dass es Zeit für eine Reisepause sei. Der Grund: „Wir müssen uns um unsere Gesundheit kümmern.“ Erst standen aber Tunesien und Ägypten (Dezember 2010 bis Januar 2011) und danach Neuseeland (2011) auf dem Programm.
„In Sharm-el-Sheikh klagte Marlene über Schmerzen in der rechten Hüftgegend“, erinnert sich Delseith. Ihre Vermutung, es sei das Hüftgelenk, stellte sich als falsch heraus. Bei einer Vorsorgeuntersuchung, nach dem Urlaub in Ägypten, diagnostizierte der Arzt Leberkrebs. Neuseeland wurde storniert. Und dann ging plötzlich alles sehr schnell. Mit knappen Worten beschreibt Bernhard Delseith diese letzten Monate, in denen er abwechselnd am Krankenhausbett saß und seine Lebensgefährtin Zuhause, in ihrer Wohnung, betreut hat. Helfen konnten ihr die Ärzte nicht mehr. Ein halbes Jahr nach ihrer letzten gemeinsamen Reise starb sie.
Auch Delseiths gesundheitlicher Zustand war im vergangen Jahr nicht gut. Zunächst wurde nur eine Blutarmut festgestellt. Nach mehreren Untersuchungen und zwei Biopsien stand fest: Er hatte ein Leberkarzinom. Wahrscheinlich wurde das gerade noch rechtzeitig entdeckt. Delseith wurde Ende November operiert.
Nachuntersuchungen brachten gute Nachrichten. „Ich fühle mich beschwerdefrei und hoffe, dass das so bleibt,“ so der 80-Jährige über seinen Gesundheitszustand. Und so lange es geht, wird er weiter reisen – nur etwas kürzer und nicht mehr so weit weg. In Lissabon war er und in Budapest zusammen mit einem guten Freund und gerade erst acht Tage in Österreich.