Hattingen. Eine Leserin aus Bredenscheid beklagt sich über unzureichende Privatsphäre in Arztpraxen. Aber nicht nur die Angestellten sprechen manchmal zu laut.

Mitte August berichtete die Hattinger Zeitung über den Zustand der Privatsphäre in Apotheken. Dabei ging es um fehlende Diskretion und zu geringen Abstand zwischen den Kunden, der es etwa möglich mache, unangenehme Medikamenten-Bestellungen mitzuhören. Eine neue Apothekenbetriebsordnung soll unerwünschtes Mithören in Zukunft durch Abstandmarkierungen, Trennwände oder separate Räume verhindern.

In Folge der Berichterstattung meldete sich eine Leserin aus Bredenscheid in der Hattinger Redaktion und klagte über fehlende Diskretion in Arztpraxen. Nicht selten werde am Empfang so laut über Rezepte, Überweisungen und Krankheiten geredet, dass jeder mithören könne. Weil ihr die nötige Privatsphäre in ihrer Praxis fehlte, habe die Leserin sogar schon einmal den Arzt gewechselt. Grund genug für die Hattinger Zeitung nachzuhören, wie es um die Diskretion in den Arztpraxen der Stadt bestellt ist.

Allgemeinmediziner Dr. Willi Martmöller ist das Problem mit fehlender Diskretion in Arztpraxen bekannt. „Das bleibt nicht aus wenn man so lange in dem Geschäft ist.“ In seiner Praxis in der Bruchstraße entgegne man daher dem Problem auf verschiedene Arten. „Wir haben Markierungen auf dem Boden vor der Empfangstheke. So bleibt für gewöhnlich genügend Abstand zum Vordermann“, erklärt Martmöller.

Ein anderer Versuch die Diskretion zu wahren, liege in der Organisation der Annahmeplätze. „Wir haben hier nicht eine, lange durchgehende Theke, sondern drei einzelne Annahmeplätze.“ Der Effekt sei, dass sich nie längere Schlangen bildeten. Zusätzlich habe man die Mitarbeiter speziell geschult. So würden diese ganz bewusst beim Telefonieren niemals Namen von Patienten, im Zusammenhang mit deren Diagnosen oder benötigten Medikamenten nennen. „Das alles funktioniert auch für gewöhnlich sehr gut. Trotzdem ist es ein unerschöpfliches Thema“, sagt Martmöller. „Unsere Angestellten müssen auf der einen Seite Sorge tragen, aber auch die Patienten selbst.“

Denn häufig seien es nicht Ärzte oder Arzthelferinnen, die sich indiskret verhielten. Immer wieder würden nämlich Patienten an der Empfangstheke stehen und ungeniert und offenherzig über ihre Leiden plaudern. „Nicht jeder hat ein ausgeprägtes Schamgefühl“, stellt Hausarzt Martmöller fest. „Dann sind wir es, die dem Patienten sagen: ‘Können wir das nicht im Nebenzimmer besprechen?’“ Das Empfinden für Diskretion sei bei Ärzten weitaus höher, als viele Patienten glaubten.

Umbaumaßnahmen, im Sinne von separaten Räumen oder Trennwänden, findet Martmöller überzogen. „Das ist auch gar nicht umsetzbar, dann stehen die Leute bei einer Grippewelle auf der Straße.“ Man könne den Patienten daher nur sagen, dass sie Abstand halten mögen und schnell das Wartezimmer aufsuchen. Hundertprozentige Diskretion könne man ohnehin nicht gewährleisten. „Das würde bedeuten, dass immer nur ein einziger Patient gleichzeitig eintreten darf.“