Hattingen. Beim Dressurreiten kommt es auf das Miteinander von Mensch und Tier an. Interview mit Andrea Timpe.
Dienstag finden bei den Olympischen Spielen die Finalentscheidungen im Dressurreiten statt. Was dann so elegant und harmonisch aussieht, macht die gute Beziehung zwischen Mensch und Pferd aus. Dressurreiterin Andrea Timpe erklärt der Hattinger Zeitung im Gespräch, dass nicht jeder Reiter zu jedem Pferd passt und dass das Dressurreiten nur mit Vertrauen funktioniert.
Wie wichtig ist die Beziehung zwischen Mensch und Pferd bei der Dressur?
Andrea Timpe: Es ist sehr wichtig, dass es zwischen dem Reiter und dem Pferd eine harmonische Verbindung gibt, denn beide sind voneinander abhängig. Das Pferd wird nicht wie früher als Nutztier gesehen, das für den Ackerbau eingesetzt wird. Es ist heute sozusagen ein Sportgerät, aber auch ein Lebenspartner. Damit die Dressur gut funktioniert, muss es ein Vertrauen zwischen Reiter und Pferd geben. Es kann aber Jahre dauern, bis das Vertrauen wächst. Wenn das Pferd dem Menschen schließlich vertraut, zeigt es eine gute Leistung. Pferde sind sehr dankbare Tiere.
Spüren Pferde es auch, wenn ein Mensch bei den Wettkämpfen aufgeregt ist?
Pferde haben sensible Sinne. Wenn der Reiter verkrampft sitzt und nervös ist, dann spürt das Pferd das, dafür sind sie empfindlich. Aus diesem Grund kann man auch nicht jeden Reiter auf jedes Pferd setzen, die Charaktere müssen stimmen. Wenn ein Reiter schnell nervös wird, dann passt zu ihm ein Pferd, das ihm Sicherheit gibt und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Wenn ein Pferd hingegen sehr phlegmatisch ist, braucht es einen Reiter, der mehr Biss hat, der es antreibt und fordert. Diese Kombination ist wichtig, das Zusammenspiel muss passen.
Was zeichnet eine gute Dressur aus?
Wenn die Dressur elegant aussieht und die Bewegungsstärke des Pferdes beeindruckt. Bei einer guten Dressur sollen die Zuschauer die Hilfen des Reiters nicht erkennen. Der Reiter führt das Pferd zwar mit den Zügeln, lenkt es mit seinem Gewicht im Sattel und seinen Schenkeln, aber das sollte für die Zuschauern nicht zu sehen sein. Ein besonders tolles Paar ist für mich Edward Gal und Totilas. Wenn ich ihnen zuschaue, bekomme ich Tränen in die Augen, weil bei ihnen alles so wunderschön harmonisch aussieht, eine Perfektion im Dressurreiten.
Ist jedes Pferd geeignet für das Dressurreiten?
Generell ist für die Dressur jedes Pferd geeignet, das mindestens drei Jahre alt ist. Auch die Grundausbildung, das Anreiten, zählt schon zur Dressur. Ob das Pferd aber mehr Potenzial hat, für Wettkämpfe geeignet ist, merkt man erst nach einer bestimmten Zeit.
Ist das Dressurreiten überhaupt gut für das Pferd?
Man muss es natürlich richtig machen und die Grundregeln befolgen, die aus Jahrhunderte langer Erfahrung weitergegeben werden. Es sind die natürlichen Bewegungen des Pferdes, um die es beim Dressurreiten geht. Durch das Training werden nur die Stärken des Pferdes gefördert. Wenn ein Pferd gut traben kann, wird es so trainiert, dass es noch höher und schöner trabt und Kondition aufbaut. So wie Kunstturner ihre Bewegungen trainieren, um elastischer zu werden. Es gibt sowohl bei Menschen als auch bei Pferden Naturtalente und solche, die ein längeres Training benötigen.
Wie oft trainieren Dressurreiter mit ihrem Pferd?
Sie trainieren täglich. Wie oft genau, richtet sich nach dem Pferd, das ist individuell. Mit jüngeren Pferden trainieren Reiter noch nicht so oft, dann steigert es sich mit dem Alter. Auf jeden Fall brauchen Pferde einen Ausgleich zur Dressur, eine Abwechslung. Sie sollten mal in der Halle, aber auch auf dem Gelände und auf der Weide laufen. Sie brauchen Pausen vom Training, damit sie die Dressur dann wieder freiwillig mitmachen, sie ihnen Spaß macht und nicht erzwungen wird.