Hattingen. Christian Klotz ist Couch-Surfer. Er bietet Reisenden einen kostenlosen Schlafplatz in seinem Wohnzimmer an und hat auch selbst schon auf fremden Sofas übernachtet.
Wer die Wohnung von Christian Klotz betritt, zieht unweigerlich den Kopf ein. Die Decken des alten Fachwerkhauses sind niedrig. Die Wohnung ist hell, gemütlich eingerichtet und die Lage könnte besser kaum sein. Zentral und doch ruhig gelegen. „Zimmer mit Aussicht“ – so oder ähnlich würde sie wohl in einem Reisekatalog angepriesen werden. Aber die Wohnung von Christian Klotz steht in keinem Reisekatalog. Weil er sie nicht vermietet. Trotzdem können völlig fremde Reisende bei ihm unterkommen. Der 31-Jährige ist Couch-Surfer (CS). Sein Sofa bzw. Futon, der im gleichen Zimmer steht wie sein Schreibtisch, bietet er anderen Couch-Surfern als kostenlosen Schlafplatz an.
Christian Klotz ist immer noch beeindruckend von seiner ersten CS-Erfahrung in Italien vor drei Jahren: „Er hat uns mit seiner Butze und seinem ganzen Hausstand allein gelassen“, erzählt er über den Gastgeber. Ein Freund von Klotz hatte sich damals als Couch-Surfer registriert und auf diesem Weg einen kostenlosen Schlafplatz in Vicenza gefunden.
Gedanke des Teilens
„Der Mensch, bei dem wir übernachtet haben, hat uns reingelassen, hat für uns gekocht und dann hat er gesagt: ,Wundert euch nicht, wenn ihr morgen aufwacht, bin ich wohl schon weg. Schmeißt einfach den Schlüssel in den Briefkasten, wenn ihr geht’“, erinnert sich Klotz. Genau so haben sie es gemacht und als kleines Dankeschön noch eine Flasche Wein dort gelassen.
Klotz mag die Idee erst einmal vom Guten auszugehen, statt immer gleich zu glauben, dass fremde Leute einem schlecht wollen. Allein lassen würde er einen Gast aber trotzdem nicht in seiner Wohnung. „Ich würde mir auch vorbehalten, wenn ich ein komisches Gefühl an der Tür habe, doch noch nein zu sagen,“ sagt er. Vorgekommen ist das bisher aber noch nie. Doch so viele Anfragen bekommt Klotz auch gar nicht. Bisher war ein einziger Couch-Surfer bei ihm zu Gast, Ende 2011 – nicht, weil er andere Anfragen abgelehnt hätte, sondern weil die meisten in größeren Städten einen Schlafplatz suchen.
Den Italiener, der zwei Tage bei ihm übernachtet hat, um sich das Ruhrgebiet anzugucken, beschreibt Klotz als „total entspannt“. Grundsätzlich würde er bis zu drei Leute bei sich aufnehmen. „Ich finde den Gedanken des Teilens großartig“, beschreibt der gelernte Physiotherapeut, der zur Zeit an der Uni Essen Soziale Arbeit studiert, seine Motivation bei dieser ungewöhnliche Art des „Austauschs, aber nicht mit den selben Leuten“ mitzumachen. Keiner ist verpflichtet sein eigenes Sofa anzubieten, nur weil er bei jemandem übernachtet hat. Viele bieten auch einfach an, mit Reisenden einen Kaffee trinken zu gehen oder ihnen ihre Stadt zu zeigen. „Es geht nicht ausschließlich darum, dass es gratis ist“, so der Hattinger Couch-Surfer. „Man bekommt mehr Kontakt mit den Leuten, hat schon mal jemanden, der einem Tipps geben und einen vielleicht herum führen kann.“
Gegenseitige Bewertung möglich
Wer sich als Couch-Surfer registriert, kann sich ein eigenes Profil anlegen, in dem er sich beschreibt, ein Foto hochlädt, kann Freunde hinzufügen – wie bei anderen sozialen Netzwerken auch, und er kann schreiben, was genau er anbietet. Christian Klotz beispielsweise bietet Platz für höchstens drei Surfer gleichzeitig. Nur Raucher und Haustiere sind bei ihm nicht erlaubt. Er spricht Deutsch und Englisch und auch ein bisschen Italienisch und Spanisch.
Die Mitglieder der Community können sich gegenseitig bewerten und zwar sowohl als Gast, als auch als Gastgeber. Glaubt man seinem italienischen Gast, so ist Klotz ein sehr angenehmer Gastgeber. Wenn Klotz gerade nicht reist, dann lernt er für die Uni oder macht Ausdauersport oder er kombiniert Sport und Reisen miteinander. Im September läuft Klotz zusammen mit ein paar Freunden bei einem 100-Kilometer-Charity-Lauf im Harz mit. Dafür sucht er gerade noch nach Übernachtungsmöglichkeiten – natürlich bei anderen Couch-Surfern.