Hattingen. Helfer besuchen Menschen und begleiten sie nach draußen. Ehrenamtliche fehlen.
Er selbst war immer mittendrin im prallen Leben und ist es noch mit 74. Andere, mit einigen Jahren mehr an Lebenserfahrung, kommen dagegen kaum noch vor die Tür. Weil sie es allein nicht mehr schaffen. Kein Zustand, findet nicht nur Dr. Ferdinand Schmitz von der Senioren-Zeit-Hilfe. Die setzt alles daran das zu ändern. Doch zum ersten Mal gehen dem Team um den ehemaligen Internisten die Helfer aus.
Was nicht ganz von ungefähr kommt. Im Dezember waren 30 000 Flyer mit dem Winz-Baaker Veranstaltungsmagazin Hallo Hattingen an Haushalte verteilt worden. Das Infoblatt lag den Zeitungen bei. Was den Ehrenamtlichen mehr Zulauf als sonst bescherte. Da den Nachfragen Angebote folgen sollen, werden dringend Helferinnen und Helfer gesucht, die alte Menschen zu Hause besuchen. Denn sechs Interessenten stehen auf der Warteliste, können aber nicht bedient werden.
Der Kreis verfügt über 20 Aktive. Darunter neben dem Gründer Ferdinand Schmitz nur noch zwei Männer. Die haben es oft nicht so mit dem Reden, weiß der geborene Rheinländer, der immer schon gern alten Menschen zugehört hat. Viele nehmen lieber Hammer und Zange zur Hand, reparieren etwas. Oder fahren einen Bus. Auch dafür gibt es Angebote. Allerdings bei anderen Anbietern. Passt der eigene Service nicht zum Kunden, wird dieser an die richtige Adresse vermittelt. Man hilft sich gegenseitig in Helferkreisen.
2005 hat Schmitz „mit zwei Damen“ begonnen. „Damals habe ich selbst drei Leute betreut.“ Das macht er heute nicht mehr. Sieht man vom „Antrittsbesuch“ ab, den der SZH-Gründer immer selbst macht. Schon um zu schauen: Passt der- oder diejenige zu uns, wer aus dem Team könnte am besten zu Besuch kommen? Es passt nicht, wenn jemand etwa nur ein günstiges Taxi sucht. Bei schmalem Geldbeutel ein berechtigtes Anliegen – aber nicht der SZH.
Däumchen drehen – das war noch nie sein Ding. Der Mann, der die Hilfe für Senioren aus der Taufe gehoben hat, setzte sich ab vor zwölf Jahren nach Afghanistan. Nachdem er einen Bericht über Rupert Neudeck und die Cap Anamur gesehen hatte, zog es auch den Arzt in die weite Welt. Dort Kranke zu betreuen war für ihn „eine Riesenerfahrung“. Die „andere, fremde Kultur“, auf die er nicht wirklich vorbereitet war. Hals über Kopf stürzte er sich ins Hilfsabenteuer.
Ein Patient kam auf einem Esel angeritten. Ein anderes Mal „wurde ich zu einer Frau gerufen“. Der Weg dorthin war gepflastert mit dem Patriarchat. „Männer standen Spalier.“ Beobachteten ihn mit Argusaugen.
Vor zehn Jahren kam Schmitz nach Hattingen, wo er schon Freunde und Bekannte hatte. Und legte auch hier nicht die Hände in den Schoß. Während es früher unversorgte Helfer in den Startlöchern gab, braucht der Besuchsdienst mittlerweile dringend Verstärkung. Jeder Ehrenamtliche besucht in der Regel einen Menschen. Unterhält sich. Macht Spiele. Blättert in Fotoalben. Oder begleitet nach einem Sturz unsicher gewordene Männer und Frauen nach draußen. Manchmal rufen Töchter und Söhne an, um einen Besuch zu organisieren. Von Vater kommt schon mal die Antwort: „Ich bin nicht einsam.“