Hattingen. Hattinger wollen nicht, dass ihre Adressdaten für Werbung verkauft werden.

Darf der Staat mit dem Verkauf privater (Adress-)Daten an Unternehmen Geld verdienen? Das Ergebnis unserer nicht repräsentativen Umfrage in der Innenstadt ist eindeutig: Keiner der Befragten wäre damit einverstanden, dass seine Daten zu Werbezwecken verkauft werden. Zurzeit ist das auch nicht erlaubt. „Es gibt bisher keine Mengenabfrage von Adressen“, bestätigt Thomas Griesohn-Pflieger, Pressesprecher der Stadt. Doch das könnte sich bald ändern, durch das neue Meldegesetz, das am 28. Juni mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition im Bundestag beschlossen wurde.

Bisher war die Datenweitergabe nur mit Einwilligung der Betroffenen möglich. In Zukunft soll es umgekehrt laufen. Firmen könnten dann bei den Meldeämtern die Adressen all derjenigen kaufen, die einer Weitergabe ihrer Daten nicht explizit widersprochen haben. Und: Wer einmal seine Adresse preisgegeben hat, kann das nicht mehr rückgängig machen, selbst wenn er umzieht, da er gegen die „Bestätigung oder Berichtigung vorhandener Daten“ nicht widersprechen kann.

Auch wenn das Gesetz im Herbst im Bundesrat nachgebessert werden sollte, stehen viele Verbraucher schon jetzt vor dem Problem. dass sie ihre (Kunden-)Daten durch die Teilnahme an Gewinnspielen oder das Sammeln irgendwelcher Punkte längst preisgegeben haben. Helga Zander-Hayat von der Verbraucherzentrale rät deshalb: direkt, wenn man etwas bestellt, die weitere Nutzung der Daten zu untersagen. „Man kann auch widersprechen, wenn die Adresse schon im Umlauf ist und man hat auch ein Auskunftsrecht bei den Unternehmen, wer die Adresse hat“, so Zander-Hayat.

Mit der Öffentlichmachung seiner privaten Daten sollte man immer vorsichtig sein und zwar nicht nur in sozialen Netzwerken wie Facebook, sondern auch im Alltag. Wer nicht möchte, dass die anhängliche Partybekanntschaft plötzlich vor der eigenen Haustüre steht, sollte aufpassen, was er von sich erzählt.

Für eine private Anfrage beim Einwohnermeldeamt braucht man nur den vollständigen Namen einer Person und zwei weitere eindeutige Merkmale, durch die eine Person identifiziert werden kann – etwa das Geburtsdatum und die frühere Adresse. Wer diese Informationen und ein berechtigtes Interesse hat, erhält nach schriftlicher Anfrage und gegen eine Gebühr von sieben Euro die Adresse. Es sei denn, die Person hat eine Auskunftssperre im Melderegister eintragen lassen. Das geht allerdings nicht ohne Weiteres, sondern laut aktuellem Gesetz nur bei einer „Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen“.

Birgit Weck-Boeckh, Pressesprecherin des Landesbeauftragten für Datenschutz, sieht in dem neuen Gesetz einen Angriff auf die „informationelle Selbstbestimmung des Bürgers“. Deshalb werde der Datenschutzbeauftragte die Landesregierung bitten, sich im Bundesrat dagegen einzusetzen.

Auch der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) kündigt an, Widerstand gegen das umstrittene Gesetz einzulegen. „Dem Handel mit privaten Daten der Bürgerinnen und Bürger wird Tür und Tor geöffnet“, kritisierte er am Montag in Düsseldorf.