Hattingen. Industrie-Performance, Improvisations-Theater und Musik aus Hattingen bei der Extraschicht 2012.
Die Extraschicht 2012 ist Geschichte. Am Samstagabend fanden bei der Langen Nacht der Industriekultur mehr als 200 Veranstaltungen an 53 Spielorten statt. In Hattingen diente die Silhouette des stillgelegten Hochofens an der Henrichshütte als Kulisse für die Auftritte des Improvisationstheaters Improvisite, der Hattinger Musiker Duo Taktlos und des Theaters Titanick.
Den Anfang machten die Lokalmatadoren vom Duo Taktlos, die bis Mitternacht fünfmal auftraten. Ihre Instrumente hatten Acki Löbbecke und Carsten Stollmann auf einem stillgelegten Transport-Zug aufgebaut, der noch auf denselben Schienen stand, auf denen einst der Stahl hin und her gefahren wurde. „Eine Wahnsinns-Atmosphäre ist das hier“, staunte Kerstin Gruber aus Recklinghausen. „Das Bühnenbild auf dem Waggon und die Industrie-Kulisse im Hintergrund sind einfach nur beeindruckend.“
Die beiden Musiker, seit mehr als 20 Jahren zusammen, verstanden es mit dem Publikum zu spielen, sie mit in ihre Show einzubeziehen. Mit Witz und viel Charme dirigierte Acki Löbbecke die Menge und ließ sie mitsummen.
Spontaneität und eine Menge Humor erwartete die Besucher der Extraschicht beim Improvisationstheater Improvisite. Als „schrille Spaß-Guerillas“, wie sich das Trio selbst bezeichnet, sind Markus Lürick, Thomas Wansing und Matthias Brandebusemeyer bereits seit zehn Jahren unterwegs. Auf Zuruf bestimmt das Publikum selbst, was die drei Improvisationskünstler auf der Bühne spielen. Ein Ablaufplan oder einstudierte Texte sind Fremdwörter für die drei Akteure. Weil ihnen das Auswendiglernen von Texten zu mühsam ist, müssen die Jungs von Improvisite um so mehr Einsatz auf der Bühne zeigen. Mit den verschiedensten Requisiten gaben die Drei vollen Körpereinsatz und erzeugten ein markantes Theater, das noch von Tanz- und Gesangseinlagen abgerundet wurde.
Höhepunkt der Extraschicht an der Henrichshütte war der Auftritt der Show-Truppe Theater Titanick. Mit ihrer Hochofensinfonie hauchte das 14-köpfige Ensemble der längst erkalteten Kulisse wieder neues Leben ein. Statt auf Klarinette, Kontrabass und Geige musizierte das skurrile Orchester auf Stahlrohren, Ambossen und Feuerlöschern. Was nach ohrenbetäubendem Lärm klingt, ist ein zwar ungewohntes, aber interessantes Klangerlebnis. Denn: Die Musiker folgen einer richtigen Partitur. Auch ein Dirigent leitet das Orchester. Auch wenn er mit hektischen Bewegungen, Mozart-Perücke und historischem Gewand eher wie die Karikatur eines Dirigenten wirkt.
Die Töne entstehen auf die unterschiedlichsten Weisen. Zum Beispiel kommen Stahlrohre zum Einsatz, die auf verschiedene Längen gekürzt wurden. Mit Propangasbrennern wird Gas durch die Rohre geleitet. Wegen der unterschiedlichen Längen entstehen höhere oder tiefere Töne. Für den richtigen Rhythmus sorgen Trommler, die auf selbst gebaute metallische Resonanzkörper einschlagen. An anderer Stelle wird aus großen Gerüstrohren ein riesiges Glockenspiel. Nicht mit Geigenbogen, Klöppel oder Plektron werden die Instrumente zum Klingen gebracht. Bei der Hochofensinfonie bedient man sich stilecht an Schweißbrenner, Schwingblechen und Eisenstäben.