Hattingen.. Der Sieg der schrägen Sagen Herausgeber Dirk Sondermann bekommt eine Urkunde für seine Hörspiel-CD
„Wenn ich schon kein Pfarrer geworden bin, dann wenigstens Sagen-Papst“, sagt Dirk Sondermann mit einem Augenzwinkern und lacht. Ja, so wird der Winz-Baaker Theologe auch genannt. Und weil er sich mit Sagen so gut auskennt, sie recherchiert, sammelt und spannend neu wiedergibt – deshalb erhielt er nun eine Urkunde. Für die im Januar erschienene Hörspiel-CD „Wat soll dat denn?“ bekommt er den Preis der deutschen Schallplattenkritik in der Kategorie „Kinder und Jugend“.
Dirk Sondermann (51) freut sich. Gemeinsam mit Sprecher Hartmut El Kurdi und dem WDR hat er die CD herausgegeben. Neun Hörspiele gibt es darauf, zum Beispiel die Hattinger Sage „Der Raubritter Joost von Burg Blankenstein.“ Sondermann: „Er lebte wirklich etwa um 1660 und hieß Johann Georg von Syberg. Ihm gehörte die Burg Blankenstein und das Haus Kemnade. Angeblich war er bei den Anwohnern aber sehr unbeliebt, denn er bestahl Kaufleute oder peitschte Bauern aus. Dann wollte er die Burg abreißen, um mit den Steinen das abgebrannte Haus Kemnade wieder aufzubauen. Die Bewohner belagerten daraufhin wütend die Burg. Da kam ein altes Mütterchen und sagte ihnen, dass sie sich einen alten Esel holen sollen, ihm drei Tage nichts zu saufen geben und ihn dann loslassen sollen. Dort, wo er dann mit den Hufen scharrt, befinde sich die Wasserader zur Burg.“
So geschah es dann in der Sage auch: Die Bewohner verhinderten den Wasserzufluss zur Burg, sodass der Raubritter Joost keine Wahl mehr hatte, er musste sich stellen. „Da kam ein Herold und verkündete, dass sich der Herr ergeben werde, unter der Bedingung, dass seine Frau dreimal Sachen aus der Burg hinaustragen darf“, erzählt Sondermann weiter. „Und natürlich trug die Frau auch den Raubritter selbst dabei hinaus.“
Auf dem Hörspiel werden diese Geschichten unter anderem von Fritz Eckenga und Jochen Malmsheimer im Ruhrpott-Slang erzählt. Das kommt gut an. In der Begründung für die Urkunde vom Preis der deutschen Schallplattenkritik heißt es: „Man muss nicht aus dem Ruhrgebiet kommen, und man muss auch kein Kind sein, um einen Riesenspaß an ,Watt soll dat denn? – Schräge Sagen aus dem Ruhrgebiet’ zu haben.“ Weiter: „Wer immer schon mal wissen wollte, wie Gott und Teufel klingen, wenn Eckenga und Malmsheimer ihnen eine Stimme verleihen, darf dieses Produkt auf keinen Fall verpassen.“
Also macht es sich bezahlt, dass Sagen-Papst Sondermann sich so intensiv mit den Geschichten seiner Heimat beschäftigt, zum Recherchieren auch mit dem Fahrrad zur Ruhr fährt. Und stets hält er alle Augen und Ohren offen. „Was es schriftlich an Sagen aus dem Hattinger Raum gibt, habe ich alles schon durchgekämmt, aber es gibt sicherlich mündliche Überlieferungen, die ich noch nicht kenne“, sagt er. Wie neulich, als ihn eine Frau fragte, ob er schon gehört habe: Wenn man von der Aussicht im Gethmannschen Garten in Blankenstein Richtung Bochum-Stiepel blickt, stehen dort Bäume so beieinander, dass es aussieht, als würden sie einen liegenden Zwerg bilden. „Davon habe ich noch nie gehört“, soll Sondermann interessiert geantwortet haben.