Hattingen. Als einziges Mädchen wechselt die Hattingerin ans Gymnasium Bismarckstraße – und muss es wieder verlassen.
Wilhelm Kroniger baute im Jahr 1936 ein Haus an der Holthauser Straße, das ihm als Wohnhaus, als Schneiderei und Verkaufsstelle diente. „Mein Vater hat mich damals aus der Schule geholt, weil ich diejenige sein sollte, die den Grundstein für das Haus legen darf“, erzählt Margret Kroniger. Ein altes Haus in dem Kommunisten lebten und als „Rote Burg“ bezeichnet wurde, musste abgerissen werden, um Platz für den Bau des Schneidermeisters zu machen.
Von der Volkshochschule wechselte Margret Kroniger als einziges Mädchen auf das Gymnasium an der Bismarckstraße. „Mein Vater hat mich sowieso eher wie einen Jungen erzogen, er wollte ja gerne einen Erben für das Geschäft haben“, sagt sie.
Zu ihrem persönlichen Leid musste sie dieses jedoch wieder verlassen. „Mit meiner Lehrerin kam ich nicht zurecht“, sagt sie. „Einmal musste ich von einem besonderen Tag aus den Ferien erzählen. Ich berichtete von einem Ausflug mit den Eltern zum Blaubeerpflücken. Die Lehrerin beschuldigte mich einer Lüge, da es zu der Jahreszeit angeblich keine reifen Beeren gab. Mit einer anderen Lehrerin verscherzte ich es mir beim Sportunterricht fürchterlich: Als wir in der Turnhalle auf sie warteten, begann eine Mitschülerin einen flotten Walzer auf dem Klavier zu spielen. Ich tanzte und wirbelte dazu herum, so dass ich nicht bemerkte, dass die Lehrerin zur Tür reinkam. Mit ausgestreckten Armen drehte ich mich so nah an ihr vorbei, dass mein kleiner Finger an ihrer Perücke hängen blieb und ich ihr diese geradewegs vom Kopf riss.“
Bei einem Wandertag marschierte die Klasse mit einem Lehrer zur Schulenburg. Weil Margret Kronigers Tante Hannchen in der Nähe wohnte und ihrer Nichte für gewöhnlich heiße Milch und frischen Stuten servierte, wollte sie ihr einen Besuch abstatten. Wieder an der Schule angekommen, war der Lehrer wütend und verteilte Strafarbeiten. Als Margret sich weigerte, lief der Lehrer erbost hinter ihr her und trieb sie bis zum Neubau des Elternhauses. Später wurde sie von der Mutter, nachdem sie ins sichere Haus entwischt war, zur Strafe in den Gemüsekeller gesperrt.
„Vor lauter Langeweile habe ich dort unten alle Einmachgläser mit Obst geöffnet und die Deckel abgeschraubt“, erzählt Kroniger. „Man glaubt gar nicht, wie viel Obst wir danach essen mussten!“
Als ihr Vater schließlich einen blauen Brief erhielt, fragte er, ob Margret die Schule weiterhin besuchen wollte. Als sie verneinte, schickte er seine Tochter in das Fahrradgeschäft Backhaus, sie solle sich das schönste Fahrrad aussuchen. „Damit sollte ich am nächsten Tag meine Freundinnen von der Schule abholen. Er wollte, dass die Lehrerin sich schwarz ärgert, weil ich an Stelle von einer Strafe, ein Geschenk bekommen hatte.“