Hattingen. . Margret Kroniger erinnert sich an Kühe und Wespen, abgefüllte Verehren, ihre beste Freundin und geschicktes Billardspiel
Die 83-jährige Margret Kroniger kramt in ihrer über 50 Jahre alten liebsten Handtasche nach Fotos, die sie immer bei sich trägt. Wie die Geschichten, die sie erzählt.
An dem Haus der Großeltern an der Feldstraße, in dem Margret die ersten Jahre ihres Lebens verbrachte, kleben schöne Kindheitserinnerungen. Es hatte einen Steinofen im Keller, in dem ihre Großmutter jeden Freitag Brot, Stuten und Kuchen der Nachbarn für einen Groschen ausgebacken hatte. Hinter dem Haus gab es Ställe mit Hühnern und zwei Kühen. Hier spielte Margret gerne und schaute sich junge Katzen an, die auf dem Heuboden geboren wurden. „Einmal habe ich nicht aufgepasst und bin durch die Luke vom Boden gefallen und mitten auf einer der Kühe gelandet. Uns ist aber beiden nichts passiert“, erzählt sie.
„Schon wieder ein Biest“, denkt die 83-Jährige noch heute, wenn sie eine Wespe sieht. Es erinnert sie daran, wie sie als Kind mit ihrer Mutter Obst eingekocht hat. „Diese Biester“, sagte sie immer zu ihrer kleinen Tochter wenn die Tiere vom Geruch der süßen Früchte angezogen wurden.
„Meine Oma war eine strenge Frau“, so Margret Kroniger. „Besonders nach dem frühen Tod ihres Mannes gab sie gut auf ihre neun Kinder, besonders die Mädchen, acht. Wenn eine von ihnen einen Mann mit nach Hause gebracht hatte, wurde der erst einmal mit Alkohol abgefüllt. So wie er sich betrunken benahm, so wurde er von ihr behandelt.“ Ihr Großvater baute im Sommer in Hattingen Steinbrunnen, zur Winterzeit arbeitete er unter Tage auf der Zeche Alte Haase. „Den Gesellen meines Vaters habe ich mit meiner Geige gern etwas vorgefiedelt, ich glaube sie waren froh, als ich sie endlich wieder in Ruhe gelassen habe“, sagt sie mit einem Lachen. „Auch kann ich mich noch an Tante Dohmann erinnern, die über uns wohnte und in einer Schule putzte und mir ab und zu liegengebliebene Knicker mitbrachte. Außerdem machte sie die besten Reibekuchen.“ Eine befestigte Straße gab es noch nicht, die Feldstraße war aus Lehm, der Bürgersteig aus festgetretener Schlackasche.
Oft nahm der Vater sein Mädchen mit nach Wuppertal, wo sie mit vier Jahren die beste Freundin Anita Hennemann kennenlernte. „Oft haben wir zusammen gespielt“, erinnert sich Margret Kroniger. Nach dem Krieg hat sie ihre Freundin nicht wiedergesehen.
Margret Kroniger wurde zur Selbstständigkeit erzogen und marschierte schon als kleines Mädchen allein nach Holthausen zu Verwandten, die dort eine Gaststätte hatten. Ihre Mutter packte ihr ein Bütterchen und einen Groschen für Limonade in die Hirtentasche, dann spazierte die junge Dame los. Nachdem sie am Schutzenhein Obstkuchen gegessen und Himbeerlimonade getrunken hatte, lud ihr Onkel Gustav sie zum Billard ein – wo sie gewann und jeweils einen Groschen zurückbekam.